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Judenverfolgung und „Euthanasie“

Im Dritten Reichs wurden Juden, Sinti, Roma und Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen systematisch verfolgt, vertrieben und ermordet. Wie die Rassenpolitik im Dritten Reich genau aussah, lernst du hier.

Inhaltsverzeichnis zum Thema

Die nationalsozialistische Rassenpolitik

Bis heute hat die Rassenpolitik des Deutschen Reiches Auswirkungen auf unseren Alltag und die Politik. Die Thematik Sterbehilfe, die in anderen Ländern übrigens unter dem Begriff Euthanasie geführt wird, ist in Deutschland beispielsweise immer noch ein äußerst sensibles Thema. Grund dafür sind die über 200 000 Euthanasie-Opfer des NS-Regimes.

Die rassenideologischen Ideen Hitlers, die er in seinem Buch „Mein Kampf“ niederschrieb, waren allerdings nicht neu. Der Rassismus des Dritten Reiches entstand aus einer Uminterpretation der Evolutionstheorie nach Charles Darwin. Diese besagt eigentlich, dass sich das biologisch angepassteste Lebewesen gegen die schlechter angepassten Lebewesen durchsetzt und überlebt (survival of the fittest). Die Nationalsozialisten entstellten diese Idee und teilten die Menschen in stärkere und schwächere Rassen ein. Die Arier – also große, blonde und blauäugige nordische Menschen – bildeten die sogenannte Herrenrasse. Eine Rasse, der Hitler äußerlich selbst nicht angehörte, die er aber sehr bewunderte. Diese Herrenrasse würde den anderen Rassen körperlich und geistig überlegen sein. Die Juden als Religionsgemeinschaft waren für Hitler und die Nationalsozialisten eine Rasse, die die arische Rasse bedrohten. Die Juden waren ihrer Ansicht nach der Hauptfeind der arischen Rasse, die einen schädlichen Einfluss hätten und daher vernichtet werden sollten.

Diese Ideen wurden besonders durch die NS-Propaganda verbreitet und bald auch in einem neuen Unterrichtsfach, der Rassenkunde, gelehrt. Hitlers Ziel war es, unter dem Stichwort Blut und Boden den arischen Lebensraum zu expandieren, ein Großreich zu gründen und andere Völker, vor allem die Juden, zu vernichten.

Die Volksgemeinschaft, die ausschließlich aus Ariern bestand, schloss nicht nur Juden, sondern auch Sinti, Roma und jegliche andersdenkenden Gruppen aus. Besonders verpönt waren abweichende politische Ansichten, Feinde des nationalsozialistischen Regimes, Homosexuelle und all diejenigen, die nicht das Bild eines starken und gesunden arischen Menschen verkörperten. Besonders deutlich wurde die Rassenpolitik durch öffentliche Ausgrenzungen wie z. B. der Bücherverbrennung 1933, bei der sämtliche, der nationalsozialistischen Idee widersprechenden, literarischen Werke und auch andere "entartete" Kunstgegenstände verbrannt wurden.

Bücherverbrennung

Die Judenverfolgung

Hitlers Ansicht nach hatten die Juden die alleinige Schuld an der Niederlage des Ersten Weltkriegs, dem Versailler Vertrag und der Weltwirtschaftskrise. Diese Einstellung, die in der Existenz der Juden die Ursache aller Probleme sieht, ist dir vielleicht auch unter dem Begriff Antisemitismus bekannt.

Bereits im Jahr 1933 begann die NSDAP mit dem Boykott jüdischer Geschäfte. Die Ausgrenzung der Juden verschlimmerte sich jedoch mit öffentlichen Schikanen und der Wegnahme von persönlichen Dingen. Mit den Nürnberger Rassengesetzen 1935 begab sich der Antisemitismus auf eine extremere Stufe: Nun waren Vorgehen gegen Juden gesetzlich festgeschrieben. Juden erhielten die Zwangsvornamen Sara und Israel, verloren ihre Grundrechte und wurden im Sinne der Rassenschande psychisch und physisch verfolgt.

Nachdem im November 1938 ein deutscher Botschafter in Paris von einem Juden erschossen worden war, fand in der Nacht vom 9. auf den 10. November die sogenannte Reichspogromnacht statt. Mitglieder der NSDAP plünderten jüdische Geschäfte, zündeten Synagogen an und nahmen zahlreiche Juden grundlos fest.

Ab 1941 wurden Juden in Deutschland durch den gelben Judenstern, der auf ihre Kleidung genäht war, gekennzeichnet. Sie wurden aus ihren Wohnungen vertrieben und lebten fortan in Ghettos. Festnahmen und Deportationen in Konzentrationslager waren nun zum Alltag geworden.

Der Holocaust – also die Verfolgung, Ghettoisierung und die systematische Ermordung der Juden – fand seinen Höhepunkt in der „Endlösung der Judenfrage“, die bei der Wannseekonferenz im Januar 1942 beschlossen wurde. Ab diesem Zeitpunkt war der Massenmord durch Vergasung mit Zyklon B nicht mehr nur eine Idee, sondern zur grausamen Realität geworden.

Das Tagebuch der Jüdin Anne Frank, welches auch du vielleicht schon in der Schule gelesen hast, stellt ihre Erlebnisse in dieser Zeit eindringlich dar. Eine Geschichte, die bis heute zahlreiche Menschen berührt.

Anne Frank Portrait

Euthanasie und ihre Opfer

Euthanasie (griech. für der schöne Tod) bezeichnet heute in der Medizin die aktive und passive Sterbehilfe. Aufgrund der NS-Geschichte wird der Begriff jedoch in Deutschland kaum mehr verwendet. Im Nationalsozialismus wurden viele Begriffe, so auch dieser, im Sinne der Rassenhygiene uminterpretiert und entstellt.

Alte Menschen, Menschen mit geistigen Einschränkungen, psychisch Kranke aus Heil- und Pflegeanstalten, Homosexuelle, Alkoholkranke, uneheliche Kinder – kurzum: Alle, die nicht in das Bild der starken und gesunden arischen Gemeinschaft passten, fielen diesem Denken zum Opfer. Im Nationalsozialismus wurden die Leben dieser Menschen als „lebensunwert“ angesehen. Es hieß, dass diese Menschen das Volk Geld kosten und der Volkswirtschaft zur Last fallen würden.

Von 1934 bis 1945 wurden etwa 400 000 Opfer zwangssterilisiert, um eine weitere Fortpflanzung zu verhindern. Ab 1939 wurden Erbkranke sogar ermordet, häufig durch Vergasung. Die Nationalsozialisten rechtfertigten diese Morde als Gnadentot und Erlösung für die Betroffenen. Pflegepersonal und Ärzte bestimmten die Aussonderung und nach dem Tod erhielten die zurückgebliebenen Familienmitglieder einen Brief, in dem sie über das Ableben informiert wurden. Die Morde wurden vertuscht und andere Todesursachen angegeben. Die Opfer wurden, auch wenn keine schwerwiegende Krankheit vorlag, in sogenannte Heilanstalten eingewiesen. Die Abholung erfolgte durch graue Busse, die bald bei der Bevölkerung bekannt waren und für die Fahrt in den Tod standen. Bei der sogenannten Aktion T4 wurden etwa 70 000 Menschen zu Opfern dieser Krankenmorde.

Die Morde zur Zeit des Nationalsozialismus gelten heute als Massenverbrechen. Zahlreiche Gedenk- und Lernstätten innerhalb Deutschlands erinnern an die grausamen Verbrechen im Dritten Reich.