Die attische Demokratie basiert auf dem Konzept der Volksherrschaft. In Athen hatten männliche Bürger ab 18 Jahren das Recht, an der Volksversammlung teilzunehmen und Ämter zu übernehmen. Unter Politiker Kleisthenes gab es bedeutende Reformen, wie die Einteilung in Phylen und das Scherbengericht. Interessiert? Dies und mehr erfährst du im vollständigen Text!
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer Staat. Aber weißt du, was das ganz genau bedeutet? Eine Demokratie hat für die Bürgerinnen und Bürger viele Vorteile und ermöglicht Freiheiten und politische Mitbestimmung, aber wie kommt es dazu? Vielleicht hilft uns der Name der Staatsform da schon weiter.
Der Begriff Demokratie stammt aus dem Griechischen und bedeutet wörtlich übersetzt Volksherrschaft.
In einer Demokratie hat also das Volk die Macht im Staat, nicht etwa eine kleine Gruppe oder gar ein Einzelner. Das griechische Wort wird noch heute verwendet, weil die Demokratie tatsächlich auf das antike Griechenland zurückzuführen ist. Einen besonderen Namen hat sich dabei der Stadtstaat Athen gemacht. In diesem Text erfährst du, warum dort eine Demokratie eingeführt wurde, wie diese aufgebaut war und ob sich das eigentlich noch mit unserer heutigen Demokratie vergleichen lässt.
Der griechische Philosoph Aristoteles hat sich viel mit Politik und der Regierungsform von Staaten beschäftigt. Er unterschied zwischen sechs Staatsformen und unterteilte diese in
drei das Gemeinwohl stärkende, also gute Formen: Monarchie, Aristokratie, Politie,
sowie drei das Gemeinwohl schwächende, also schlechte Formen: Tyrannis, Oligarchie, Demokratie.
In der Monarchie/Tyrannis herrscht nur ein Herrscher, in Aristokratie/Oligarchie gibt es eine herrschende Gruppe im Staat, in der Politie/Demokratie herrscht das Volk. Vor allem in der Tyrannis und Oligarchie werden die Mitglieder des Staats, die nicht zur Regierung gehören, laut Aristoteles zugrunde gerichtet.
Aufbau der Polis Athen
Athen war nicht von Anfang an eine Demokratie. Diese entwickelte sich langsam und im Verlauf einiger Jahrhunderte. Zunächst regierte in der griechischen Polis Athen ein König, zumindest teilen das einige historische Quellen mit. Es bestand also eine Monarchie. In dieser Monarchie gelang es dann anderen Adeligen, griechisch auch Aristokraten, mehr Macht zu erlangen. Die Monarchie wurde ab dem siebten Jahrhundert v. u. Z. von einer Aristokratie abgelöst. In dieser Zeit war es nötig, die Polis in verschiedenen Kriegen zu verteidigen. Dazu setzte man in der damaligen Zeit neben den oft berittenen Aristokraten als Soldaten einfache Bauern, Handwerker und Händler in Athen ein. Sie kämpften als Hopliten und wurden aufgrund der vielen Kriege immer wichtiger für das weitere Bestehen der Polis Athen. Sie forderten dementsprechend mehr politischen Einfluss und bewirkten somit Veränderungen.
Entstehung der attischen Demokratie
Die ersten großen Veränderungen hin zu einer Herrschaft des Volks gab es unter Solon, einem Staatsmann der athenischen Polis. Er führte 594 v. u. Z. Reformen durch, die es den Adeligen verboten, verschuldete und zahlungsunfähige Bauern zu ihren Sklaven zu machen. Gleichzeitig erließ er den Bauern ihre Schulden. Sie waren zuvor so verschuldet gewesen, dass sie sich nicht mehr für die Kriege ausrüsten konnten. Im Zuge der Reformen verhinderte Solon es, dass attische Bürger ihre soziale Stellung verlieren konnten und somit weiterhin in den Krieg zogen, versäumte es aber, langfristig für mehr Gerechtigkeit zu sorgen. Die Aristokratie hatte fast das gesamte Land unter Kontrolle und die untere Bevölkerungsschicht blieb arm. Weitere Konflikte waren also vorprogrammiert.
Das Wort Reform wird meistens im Bereich der Politik verwendet. Es beschreibt eine Umgestaltung, mit der man Dinge verändert, ohne direkt alles von Grund auf anders zu machen.
In den folgenden Jahren hatte die attische Polis infolge dieser weiterhin schwelenden Auseinandersetzungen mit einer Tyrannis zu kämpfen. Der Adelige Peisistratos verbesserte als Tyrann zwar die Lage der armen Bevölkerungsteile, unterdrückte aber das gesamte Volk unbarmherzig. Als seine Söhne nach seinem Tod die Tyrannis fortführen wollten, lehnte sich die Bevölkerung auf und ermordete den einen Sohn, während der andere floh.
In Anbetracht dieser schlechten Erfahrung mit einer gewaltvollen Alleinherrschaft kam es Anfang des sechsten Jahrhunderts v. u. Z. zu den entscheidenden Reformen: Der Politiker und Staatsmann Kleisthenes setzte 508/507 v. u. Z. weitreichende Veränderungen durch, die die Bevölkerung neu ordneten und gleichzeitig die Grundelemente der attischen Demokratie schufen.
Reformen des Kleisthenes
Einteilung der Polis in zehn Phylen: Kleisthenes schuf mit den Phylen Verwaltungszonen und fasste dabei die verschiedenen Gebiete Attikas zusammen. Sie bildeten ab jetzt die Grundlage für die politische Ordnung und das Militärwesen.
Volksversammlung: Sie war die wichtigste politische Einrichtung, da sie alle politischen Entscheidungen fällte. Alle männlichen Bürger der Polis Athen durften an ihr teilnehmen, wenn sie das 18. Lebensjahr erreicht hatten. Die Volksversammlung wählte oder loste die Beamten aus, die ihre Entscheidungen ausführen mussten.
Rat der 500: Aus jeder Phyle wurden 50 Ratsherren entsandt. Diese Versammlung bereitete die Sitzungen der Volksversammlungen vor.
Prytanie: 50 Mitglieder des Rats der 500 bereiteten ebenfalls gesondert die Sitzungen der Volksversammlung vor, sie wurden für 36 Tage gewählt.
Strategen: Pro Phyle wurde ein Feldherr gewählt, der als Stratege Einfluss auf die Volksversammlung nehmen konnte. Oft wurden die Strategen mehrmals hintereinander gewählt, sie waren einflussreiche Politiker in Athen.
Scherbengericht: Um zu verhindern, dass ein Politiker zu mächtig wurde, wurde regelmäßig das Scherbengericht abgehalten. Die Mitglieder der Volksversammlung (ca. 30 000 Männer) schrieben den Namen eines Politikers, den sie für zu mächtig hielten, auf eine Tonscherbe, griechisch Ostrakon. Wurden bei der Abstimmung mindestens 6 000 Stimmen erreicht, musste der Mann mit den meisten Stimmen Athen für mindestens zehn Jahre verlassen.
Politischer Alltag in der attischen Demokratie
Der politische Alltag der Bürger Athens war durchaus vielseitig. Alle männlichen Vollbürger konnten an der Volksversammlung teilnehmen, sobald sie 18 Jahre alt geworden waren. Nach und nach bekamen mehr Athener Zugang zu diesem politisch sehr wichtigen Gremium, da man allen, die Kriegsdienst leisteten, das Stimmrecht gab. Eine Versammlung konnte viele Stunden dauern, da alle Vorschläge besprochen und diskutiert wurden. Es gab vermutlich etwa 40 Versammlungen im Jahr. Die Teilnehmer der Volksversammlung übernahmen aber auch andere Ämter, zum Beispiel als Geschworene, Beamte oder Strategen.
Lange war die politische Arbeit ehrenamtlich, das heißt, dass man dafür nicht bezahlt wurde. Das machte es vor allem der ärmeren Bevölkerung schwer, sich wirklich aktiv an der Demokratie zu beteiligen, weshalb man die Diäten einführte. Der Begriff geht wohl auf das griechische Wort diaita zurück, was Tageseinteilung bedeutet. Die Diät war demnach die Tageszuteilung an Geldmünzen für die Politiker.
Die Diäten der attischen Politik – hier treffen wir auf einen Begriff, den es heute immer noch gibt. Politiker der Gegenwart erhalten ebenfalls ihre Diät, gemeint ist also ihr Gehalt. Du kennst den Begriff vielleicht auch aus dem Bereich der Ernährung – und auch hier ist es ja sinnvoll, wenn man an eine Tageszuteilung denkt, oder? Übrigens wurden die Diäten in Athen in Münzen ausgeteilt, die Obolus hießen. Auch diesen Ausdruck verwendet man heute noch für kleine Geldzuweisungen.
Weitere wichtige politische Organe der attischen Demokratie, zum Beispiel das Scherbengericht oder der Rat der 500, nahmen ebenfalls viel Zeit in Anspruch. Für die Mitgliedschaft im Rat der 500 konnte sich jeder männliche Bürger mit Stimmrecht bewerben, die Plätze für 36 Tage wurden dann jeweils ausgelost. Es war offensichtlich sehr wichtig, viele verschiedene Aufgaben und Ämter zu haben, die jeweils immer nur für einen kurzen Zeitraum gewählt werden konnten. So sollte ein Machtmissbrauch verhindert und gleiche Chancen für alle Teilnehmer der Volksversammlung sollten geschaffen werden.
Auch vor Gericht galt das Prinzip der Gleichheit: gleiche Redezeit, gleiche Chancen. Die Zeit wurde mithilfe einer Wasseruhr gemessen, die Geschworenen wechselten sehr regelmäßig. Sie stimmten über Verurteilung oder Freispruch mithilfe von Marken ab, die sie in eine Urne fallen ließen.
Die attische Demokratie – wirklich eine Volksherrschaft?
Der griechische Philosoph und Staatsdenker Aristoteles hat sich viel mit den Regierungsformen an sich und der Demokratie im Besonderen beschäftigt. Er definierte die Demokratie als eine Herrschaft der Freien und Armen im Staat, die zugunsten der Tüchtigen und zulasten der Reichen gehe. So weit, so gerecht – könnte man also denken.
Für Aristoteles ist allerdings auch völlig klar gewesen, dass Freie, Arme und Tüchtige nur männlich sein konnten. Auch Sklaven und Kinder schloss er rigoros von der demokratischen Mitbestimmung aus. Den Grund dafür formulierte Aristoteles wie folgt:
„Ebenso ist das Männliche von Natur das Bessere, das Weibliche das Geringerwertige und das eine herrscht, das andere wird beherrscht. Denn die Frau besitzt zwar Vernunft, aber nicht voll wirksam; der Sklave überhaupt nicht und das Kind noch nicht voll entwickelt.“ Das hat Aristoteles in seiner Schrift Politika geschrieben. Und er drückt damit genau aus, was an der attischen Demokratie aus unserer Sicht nicht demokratisch war: Sie war keine Herrschaft des ganzen Volks, sondern eine Herrschaft der männlichen über 18-jährigen Vollbürger Athens. Etwa 85 % der Bevölkerung Athens, Frauen, Kinder sowie Sklavinnen und Sklaven, hatten keine politischen Rechte. Sie wurden beherrscht.
Während die attische Demokratie also eher eine Demokratie der Männer war, sind heute alle Geschlechter gleichgestellt. Alle haben das Recht, zu wählen, auf Bundesebene ab 18 Jahren, auf Ebene der deutschen Bundesländer auch schon ab 16 Jahren. Jeder Mensch hat heute per Gesetz die gleichen politischen und persönlichen Rechte, die Menschenrechte. Somit lässt sich die heutige Demokratie nur noch schlecht mit der attischen Demokratie vergleichen.
Was allerdings bereits damals sehr fortschrittlich an der Demokratie in Athen war, war, dass Reichtum oder Armut nicht über den gesellschaftlichen Stellenwert entschieden, sondern die Leistung, die man erbrachte. Zugleich war es den männlichen Bürgern von Athen offenbar wichtig, sich für ihren Staat zu engagieren. Reich wurden sie dadurch nicht, Politiker war kein Beruf, man wurde nur für bestimmte Ämter bezahlt.
Auch heute noch leben Parteien, die es in Athen übrigens auch nicht gab, vom Engagement der Bürger. Politiker werden heutzutage gewählt und gelangen dann wiederum in gewählte Ämter, in Athen wurde oft gelost, wer ein Amt ausüben durfte. Ein weiterer großer Unterschied ist, dass heute natürlich nicht mehr alle wahlberechtigten Bürger im Bundestag zusammenkommen, so wie in Athen zur Volksversammlung. In einem großen Staat wie der Bundesrepublik Deutschland wäre das mit etwa 60 Millionen wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern völlig unmöglich. Man kann also sagen, dass die attische Demokratie eine Grundidee für die heutigen Demokratien bot, sie sich aber aufgrund der gesellschaftlichen Unterschiede sehr stark von unserer heutigen Demokratie unterscheidet.
Die attische Demokratie – Zusammenfassung
Die attische Demokratie ...
... entwickelte sich im fünften Jahrhundert v. u. Z. und gilt heute noch als Wiege der Demokratie (erste Volksherrschaft) in Europa.
In der Volksversammlung wurden Gesetze beschlossen und Beamte gewählt, um diese auszuführen. Gleichzeitig beriet man hier über Kriegserklärungen und -verläufe.
Nein, Frauen, Kinder, Sklaven und Metöken waren von der politischen Teilhabe ausgeschlossen. Nur männliche athenischstämmige Vollbürger ab 18 Jahren durften politisch aktiv sein.
Die attische Demokratie beeinflusste andere Stadtstaaten und prägte das politische Denken und die Entwicklung von Demokratie in der gesamten antiken Welt.
Die attische Demokratie ist ein historisches Beispiel für die Entwicklung und Struktur einer Demokratie und verdeutlicht die Bedeutung von politischer Mitbestimmung und Gleichheit in der Gesellschaft. Besonders ihre Entstehungsgeschichte zeigt auch heute noch, warum eine demokratische Grundordnung wichtig für Gesellschaften ist.
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