Der Tod kommt vom Himmel. Die moderne Kriegsmaschinerie der Welt, im Dschungelkrieg Vietnams vernichtet sie scheinbar wahllos. Amerikas Glaubenskrieg gegen den Kommunismus wird auch zum Krieg einer Supermacht gegen Reisbauern. 8. Juni 72, die Bauern in dem kleinen Dorf Trang Bang ahnen noch nichts von der nahenden Katastrophe. Der Krieg scheint hier weit weg. Doch zwei amerikanische Kampfflugzeuge sind bereits gestartet zu einer tödlichen Mission. Das Ziel waren eingegrabene feindliche Truppen am Rande des Dorfes Trang Bang. Ich machte mir Sorgen wegen der Zivilisten. Deswegen erkundigte ich mich zweimal, um sicherzugehen, dass keine dort waren, bevor ich den Befehl gab, die Bomben über dem Ziel abzuwerfen. Die Piloten werfen nicht einfach nur Bomben. Sie benutzen die grausamste Waffe, die sie haben, Napalm. Der Luftangriff war ein Erfolg. Alles verlief wie geplant. Innerhalb von Sekunden fegt ein Feuersturm über das Dorf hinweg. Der Fotograf Nick Ut dokumentiert, was angeblich nicht sein soll. Es sind Zivilisten im Dorf. Ein paar Minuten später hörte ich die Kinder schreien. Sie brüllten: „Zu heiß, zu heiß,“ und jemand schrie: „Helft mir, helft mir.“ Dann kamen vier, fünf Kinder, und ich lief hin, um Bilder zu machen. Dann sah ich das Mädchen ohne Kleider. Ich fragte, was ihr passiert sei. Dann machte ich das Foto von Kim Phuc. Ein nacktes, halb verbranntes Mädchen mit dem Namen Kim Phuc ist an diesem Tag neun Jahre alt. Ich bin eine ganze Weile gerannt. Und dann wurde mir sehr heiß und ich wurde plötzlich sehr müde. Da waren viele Leute vor mir auf der Straße und ich bat sie um Hilfe. Ich war so durstig und fragte nach Wasser. Ein Soldat flößte mir dann das Wasser ein. Ich sagte immer wieder: „Zu heiß, zu heiß.“ Kim Phucs Mutter trägt ihren jüngsten Sohn aus dem brennenden Dorf. Der kleine Junge überlebt den Napalm-Angriff nicht. Er stirbt in ihren Armen. Das Foto von Kim Phuc geht um die Welt. Zwei Tage nach dem Angriff sieht es auch John Plummer. Als ich zum ersten Mal das Foto sah und erkannte, dass es sich um Trang Bang handelte, gab es für mich keine Zweifel. Das war das Resultat des Luftangriffes, den ich zwei Tage zuvor befohlen hatte. Es fühlte sich an, als hätte man mir ins Gesicht geschlagen. Als ich das Foto sah, und die Schmerzen dieser Kinder in ihren Gesichtern und in ihren Augen, da wusste ich, dass das die Auswirkungen waren von etwas, das ich getan hatte. Amerika verliert den Glauben an sich selbst in einem Krieg ohne Sinn. Auch von John Plummers Kameraden kehren zu viele in Särgen zurück. Drei Jahre kämpft John Plummer in Vietnam. Auch er wird Opfer dieses Krieges. Als ich zurückkam aus Vietnam, kehrte ich heim ins Nichts. Meine Ehe war zerbrochen, ich hatte Albträume von dem, was in Trang Bang passiert war mit dem kleinen Mädchen. Und weil ich niemanden an meiner Seite hatte, mit dem ich das hätte teilen können, flüchtete ich mich in den Alkohol. Ich fing an schwer zu trinken. Vietnam drei Jahre später. Feiern für den Sieg des Vietcongs über die Supermacht USA. Ein Triumph, der viel gekostet hat. Vor allem dieses Mädchen. Ich hatte seitdem immer wieder Albträume. Mein Körper war geschwächt, ich hatte viele Schmerzen, und ständig musste ich weinen. Kim Phuc ist privilegiert in der kommunistischen Volksrepublik Vietnam. Die Fotoheldin ist das ideale Propagandamittel, ein politisches Symbol. Die Regierung schickte mich nach Kuba zur Ausbildung. In Havanna lernt Kim Phuc die Sprache jener Männer, die sie verletzten. Die junge Frau hat ungeheure Schmerzen und einen unbändigen Willen. Ich fühlte, dass ich immer kontrolliert wurde und überlegte ständig, wie ich es anstellen könnte, frei zu sein. Das zu tun und das zu sagen, was ich will. Das wurde mein Traum. Das Leben des John Plummer aber war ein Albtraum. Nach zehn Jahren Selbstzerstörung und Alkoholismus entschied ich, dass das so nicht mehr weitergehen konnte. Es musste sich etwas ändern. Und so begann ein Prozess, der acht Jahre dauerte, in dem ich versuchte, mit meinen Kriegserlebnissen zurechtzukommen, und mit meinen Sünden, die ich wegen meiner Kriegserlebnisse begangen habe. John Plummer sucht nach Läuterung. 1990 wird er Pfarrer in einer kleinen Methodistengemeinde. Zwei Jahre später heiratet Kim Phuc. Auf ihrer Hochzeitsreise sucht das Paar Asyl in Kanada. Heute ist das Napalm-Opfer Mutter von zwei Kindern. Als ich sie im Fernsehen sah, ergriff mich der Gedanke, dass die Geschichte nun vielleicht ein Ende finden würde. Ich dachte, vielleicht kann sie mir vergeben, und diese Bürde von mir nehmen, die ich so lange getragen habe. Die Bürde eines Augenblicks, die nicht mehr gut zu machen ist. John Plummer aber ist vergeben worden, als er sich mit seinem Opfer traf. Er hielt meine Hand, und er weinte und weinte wie ein Kind. Alles, was ich immer wieder unter Tränen sagen konnte, war: „Es tut mir leid. Ich wollte dir nicht weh tun. Es tut mir so leid.“ Ich bin John Plummer nicht böse, obwohl er den Bombenangriff befohlen hat. Ich will ihm wirklich vergeben. Vergeben für den fürchterlichsten Augenblick in ihrem Leben, den sie nicht vergessen wird. Vergeben für den Krieg, den sie am eigenen Leib erfahren hat. Am Ende fanden sie den Frieden.