Messung der Gravitationskonstante
Ende des 17. Jahrhunderts hatte Isaac Newton seine Überlegungen zur Wirkung der Gravitation angestellt und den Schluss gezogen, dass die Gravitationskraft proportional zu den sich anziehenden Massen und umgekehrt proportional zum Quadrat des Abstandes zwischen diesen Massen ist. Diese Erkenntnis wurde später als das newtonsche Gravitationsgesetz bekannt:
$F_\text{G} = G \cdot \dfrac{m_1 \cdot m_2}{r^{2}}$
In dieser Formulierung sind $m_1$ und $m_2$ die Massen der Körper und $r$ der Abstand zwischen ihren Schwerpunkten. Die Proportionalitätskonstante $G$ heißt Gravitationskonstante – sie bestimmt die Stärke der Gravitation.
Der erste annähernd genaue Wert für $G$ wurde Ende des 18. Jahrhunderts von Henry Cavendish mit einer Drehwaage bestimmt.
Wie genau man mit einer Drehwaage die Gravitationskonstante messen kann, wollen wir uns im Folgenden ansehen.
Kennst du das?
Bestimmt hast du schon oft bemerkt, dass Dinge immer nach unten fallen, wenn du sie loslässt – sei es ein Handy, das dir aus der Hand rutscht, oder ein Apfel, den du fallen lässt. Das liegt an der Gravitation der Erde, die alles zu ihrem Mittelpunkt hinzieht. Diese unsichtbare Kraft wirkt immer und überall und zeigt deutlich, was für eine große Rolle die Gravitationskonstante in unserem Alltag spielt.
Gravitationskonstante messen – Aufbau der Drehwaage
Die Drehwaage zur Bestimmung der Gravitationskonstante $G$ ist vereinfacht so aufgebaut, wie in der nachstehenden Abbildung dargestellt.
Zwei kleine Kugeln, die jeweils die Masse $m$ haben, sind an einer Hantel befestigt, die wiederum an einem dünnen Draht aufgehängt ist. An diesem Draht ist ein kleiner, sehr leichter Spiegel befestigt. Auf einem drehbaren Gestell befinden sich außerdem zwei Kugeln der Masse $M$.
Gravitationskonstante messen – Funktionsprinzip der Drehwaage
Die Kugeln mit den Massen $m$ und $M$, die sich jeweils am nächsten sind, ziehen sich aufgrund der Gravitationskraft gegenseitig an. Durch die Anziehung wirkt ein Drehmoment auf die Hantel und der Draht verdreht sich. Ähnlich wie eine Feder, die gespannt wird, übt nun auch der verdrehte Draht ein entgegengesetztes Drehmoment aus. (Die Größe des Drehmoments hängt vom Material des Drahtes ab. In Drehwaagen werden spezielle Materialien verwendet, deren rücktreibendes Drehmoment proportional zum Winkel der Verdrehung ist.) Nach einer kurzen Zeitspanne hat sich ein Gleichgewicht zwischen den beiden Drehmomenten eingestellt. Im Gleichgewichtszustand wird die Winkelposition der Hantel notiert.
Dann werden die großen Kugeln der Masse $M$ umgeschwenkt. Jetzt wirkt das durch die Gravitationskraft hervorgerufene Drehmoment in die genau entgegengesetzte Richtung und es stellt sich ein neues Gleichgewicht ein, in dem der Draht in die entgegengesetzte Richtung verdreht wird. Indem man den Winkel zwischen diesen beiden Gleichgewichtslagen misst, kann man auf die wirkenden Drehmomente schließen. Der Spiegel am Draht ist dafür da, den Winkel genauer messen zu können, indem mithilfe eines Lasers ein Lichtreflex erzeugt wird, der bei Auslenkung des Spiegels wandert. Über die Winkelbeziehungen in einem rechtwinkligen Dreieck kann der Drehwinkel so über die Verschiebung des Lichtreflexes bestimmt werden. Die eigentliche Auslenkung ist nämlich sehr klein, weil die Gravitationskraft sehr gering ist, wie wir weiter unten in einem Beispiel sehen werden.
Um eine Formel für die Berechnung der Gravitationskonstanten herleiten zu können, muss man zusätzlich das sogenannte Direktionsmoment $D$ des Drahtes kennen. Das entspricht bei einer Verdrehung dem, was die Federkonstante $D$ bei der Auslenkung einer normalen Spiralfeder ist. An dieser Stelle wollen wir auf die Formel und ihre Herleitung allerdings verzichten, da zusätzlich einige Korrekturterme eingeführt werden müssten.
Zahlenwert der Gravitationskonstante
Den Wert der Gravitationskonstante genau zu bestimmen, ist extrem schwierig. Dies liegt vor allem daran, dass die Gravitationskraft bei alltäglichen Massen sehr klein ist und so kleinste Störungen die Ergebnisse einer Messung stark verfälschen. Auch heutzutage wird die Gravitationskonstante mithilfe von Drehwaagen gemessen, wobei sich der experimentelle Aufbau stark verbessert hat. Mit solchen modernen Aufbauten konnte man die Konstante bis auf die dritte Nachkommastelle genau bestimmen:
$G \approx 6{,}674 \cdot 10^{-11}\, \pu{m^{3} // kg s^{2} }$
Die Einheit der Gravitationskonstanten ist $[G] = \pu{m^{3} // kg s^{2} }$.
Fehleralarm
Die Gravitationskonstante $G$ wird oft mit der Fallbeschleunigung $g$ verwechselt. Aber die Gravitationskonstante ist eine universelle Konstante, während die Fallbeschleunigung je nach Ort (im Universum) variiert und immer eine Näherung darstellt.
Was dieser Wert von $G$ für ein Experiment bedeutet, wollen wir nun in einem Beispiel berechnen.
Gravitationskonstante – Beispielrechnung mit Gravitationskraft
Um die Größenordnung der Kraft abschätzen zu können, die in der Drehwaage wirkt, berechnen wir die Kraft zwischen zwei Kugeln der Massen $m$ und $M$ im Abstand $r$ zueinander. Dazu nehmen wir folgende Werte an:
$m = 0{,}04~\pu{kg}$
$M = 2~\pu{kg}$
$r = 0{,}03~\pu{m}$
Diese Werte setzen wir in das Gravitationsgesetz ein. Für die Gravitationskonstante verwenden wir den auf zwei Nachkommastellen gerundeten Wert.
$G \approx 6{,}67 \cdot 10^{-11}\, \pu{m^{3} // kg s^{2} }$
$F_{G} = 6{,}67 \,\cdot\, 10^{-11}\, \pu{m^{3} // kg s^{2} } \cdot
\dfrac{0{,}04~\pu{kg} \cdot 2~\pu{kg}}{(0{,}03~\pu{m})^{2}}$
Ausrechnen und Zusammenfassen der Einheiten ergibt:
$F_G = 5{,}93 \cdot 10^{-9}~\pu{N}$
Das sind knapp sechs Nanonewton. Zum Vergleich: $1~\pu{N}$ entspricht in etwa der Gewichtskraft einer Masse von $100~\pu{g}$, also ungefähr einer Tafel Schokolade. Ein Nanonewton ist nur ein Milliardstel davon – also die Gewichtskraft, die auf ein Milliardstel einer Tafel Schokolade wirkt. Darum ist es so schwer, die Gravitationskonstante zu bestimmen.
Wusstest du schon?
Albert Einstein stellte mit seiner Relativitätstheorie die Gravitationskonstante in einen ganz neuen Kontext. Nach seiner Theorie ist die Gravitation nicht einfach eine Kraft, sondern entspricht einer Krümmung der Raumzeit. Je größer die Masse eines Objekts, desto stärker ist diese Krümmung.
Ausblick – das lernst du nach Gravitationskonstante – Messung
Erschließe neue Bereiche in der Physik mit den Kepler’schen Gesetzen und der Relativitätstheorie. Sei gespannt auf die tiefgreifenden Zusammenhänge der Gravitation!
Zusammenfassung der Gravitationskonstante
- Die Gravitationskonstante $G$ ist der Proportionalitätsfaktor im Gravitationsgesetz.
- Sie wurde das erste Mal Ende des 18. Jahrhunderts von Henry Cavendish mit einer Drehwaage gemessen.
- Die Drehwaage funktioniert über ein Kräftegleichgewicht zwischen der Gravitationskraft zwischen zwei (bzw. vier) Kugeln und der rücktreibenden Kraft eines Torsionsdrahtes.
- Der Wert der Gravitationskonstante beträgt $G \approx 6{,}674 \cdot 10^{-11}\, \pu{m^{3} // kg s^{2} }$.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Gravitationskonstante
Wie berechnet man die Gravitationskonstante?
Die Gravitationskonstante lässt sich nur aus Messwerten ermitteln. Dabei kann das Gravitationsgesetz herangezogen werden, wie oben gezeigt, oder das dritte Kepler'sche Gesetz in der folgenden Form:
$\dfrac{a^{3}}{T^{2}}=\dfrac{G\,M}{4 \pi \, r^{2}}$
Dabei werden folgende Größen benötigt:
$a$: große Halbachse des Satelliten
$T$: Umlaufdauer
$M$: Masse des Zentralkörpers