Die Verfassung des Deutschen Reichs von 1871 legte den Grundstein für die Schaffung eines Nationalstaats unter Bismarck. Diese Verfassung etablierte eine konstitutionelle Monarchie mit einem Reichstag und Bundesrat. Untersuche die Vor- und Nachteile dieser Verfassung, die den Weg für die nationale Einheit Deutschlands ebnete. Interessiert? Im folgenden Text kannst du mehr darüber erfahren.
Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871 war die Verfassung des ersten deutschen Nationalstaats. Im folgenden Text werden einige Leistungen der Reichsverfassung von 1871, aber auch einige ihrer Schwierigkeiten und die Kritik, die an ihr geübt wird, aufgeführt.
Die nationalliberale Bewegung in Deutschland
Die deutsche Einheits- und Freiheitsbewegung, auch nationalliberale Bewegung genannt, erfuhr vor allem ab dem Jahr 1815 im Bürgertum und in studentischen Kreisen einen starken Auftrieb. Sie verfolgte zwei zentrale Ziele: Zum einen sollte Deutschland, das zu diesem Zeitpunkt noch in rund vierzig kleine Staaten aufgeteilt war, zu einem einzigen Nationalstaat vereint werden. Zum anderen sollte in diesem vereinten Deutschland eine liberale Verfassung gelten, die den Bürgern Grundrechte und politische Mitbestimmung garantieren sollte.
Gründung des Deutschen Kaiserreichs
Der erste Teil dieser Forderungen erfüllte sich am 18. Januar 1871. Angetrieben durch Otto von Bismarck, damals Ministerpräsident des mächtigen deutschen Staates Preußen, vereinigten sich die deutschen Staaten zum Deutschen Kaiserreich, dem ersten einheitlichen deutschen Nationalstaat.
Die Reichsverfassung vom 16. April 1871
Der Wunsch der Einheits- und Freiheitsbewegung nach einer liberalen Verfassung erfüllte sich allerdings nur bedingt, wenngleich das Deutsche Reich durchaus eine Verfassung hatte. Diese Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871 war so sehr von Bismarck geprägt worden, dass man sie zuweilen auch „bismarcksche Reichsverfassung“ nennt.
Die Verfassung errichtete das Deutsche Reich als eine konstitutionelle Monarchie, also als eine Monarchie, in der der Herrschende durch eine Verfassung in seinen Machtbefugnissen eingeschränkt wird. In diesem Fall bedeutet es, dass der Kaiser, genau wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger, an die Verfassung (Konstitution) und auch die rechtlichen Grundlagen gebunden ist. Er steht also nicht über dem Gesetz.
Staatsoberhaupt war der Deutsche Kaiser, Regierungschef der vom Kaiser ernannte Reichskanzler. Der Staat war föderalistisch aufgebaut, die deutschen Einzelstaaten behielten ihre Souveränität (Eigenständigkeit) und wurden auf Reichsebene durch einen mächtigen Bundesrat vertreten.
Als Vertretung der Bevölkerung gab es einen Reichstag, der von allen Männern ab 25 Jahren in allgemeiner und gleicher Wahl gewählt wurde, wodurch das Wahlrecht zu einem der fortschrittlichsten der damaligen Zeit gezählt werden kann.
Der Reichstag hatte zusammen mit dem Bundesrat die gesetzgebende Gewalt inne und bewilligte den Haushalt, das heißt, er bestimmte über die Verteilung und die Verwendung der Steuergelder. In der Geschichtsforschung wird die Stellung des Reichstags dennoch häufig als schwach beschrieben.
An der Regierungsbildung war der Reichstag nämlich kaum beteiligt, vor allem durfte er den Reichskanzler weder wählen noch abwählen. Dieses Privileg stand dem Kaiser zu, wobei dieser in späteren Jahren die Entscheidung über das Kanzleramt durchaus in Absprache mit dem Reichstag traf. Eine Kontrolle der Regierung war für die Parlamentarier nur eingeschränkt möglich. Auch hatten sie kaum Mitspracherecht bei Militär oder Außenpolitik. Außerdem konnte der Reichstag von Bundesrat und Kaiser aufgelöst werden, was allerdings nur selten geschah. Dennoch hatte der Reichstag in der politischen Praxis einen nicht zu unterschätzenden Einfluss, der sich im Laufe der Jahre noch vergrößerte.
Ein zweites Problem der Reichsverfassung von 1871, zumindest aus Sicht der nationalliberalen Bewegung, war das Fehlen eines umfassenden Grundrechtskatalogs, wie es ihn zum Beispiel in der gescheiterten Paulskirchenverfassung von 1848 gegeben hatte. Solche Grundrechte, die die Bürgerinnen und Bürger eines Staates vor Willkür durch den Staat schützen, waren eine zentrale Forderung der Bewegung gewesen.
Obrigkeitsstaat
Vorteile und Leistungen der Verfassung von 1871 liegen also darin, dass sie aus der Vielstaaterei in Deutschland einen Nationalstaat schmiedete und dabei das Prinzip des Föderalismus einführte, das bis heute Bestand hat. Nachteile der Reichsverfassung bestanden aus Sicht der nationalliberalen Bewegung darin, dass sie das Deutsche Kaiserreich 1871 als Obrigkeitsstaat gestaltete. Militär und Regierung wurden vom Kaiser, dem Reichskanzler und dem Landesfürsten bestimmt. Liberale Freiheiten gab es nur wenige, die Menschen waren weiterhin mehr Untertanen als Staatsbürger.
Die wichtigsten Organe der Reichsverfassung von 1871
Bundesrat
höchstes Staatsorgan, Vertretung der 25 Bundesstaaten
Deutscher Kaiser
monarchistisches Staatsoberhaupt; das Amt wurde per Verfassung mit dem König von Preußen besetzt.
Reichsleitung
Regierung; ihr Vorsitzender war der Reichskanzler, dieses Amt wurde meist mit dem Ministerpräsidenten von Preußen besetzt.
Reichstag
Volksvertretung, gewählt von männlichen Bürgern ab 25 Jahren
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