In der Nacht zum 01 Juni 1778 stirbt in Paris François-Marie Arouet Voltaire, die berühmteste Persönlichkeit der französischen Aufklärung. Auf dem Totenbett sagt der 84 -jährige zum Priester: „Es ist wichtig, in der Religion seiner Väter zu sterben. Wäre ich jetzt am Ufer des Ganges, würde ich einen Kuhschwanz in die Hand nehmen.“ Seine Kritik an der Kirche hat ihm zeitlebens viele Schwierigkeiten eingebracht. Nun wird ihm das christliche Begräbnis verweigert, und es braucht Jahre und einen Parlamentsbeschluss, bis Voltaires Körper ins Pantheon überführt werden kann, gezogen von einem Wagen mit 16 Schimmeln. 1844 allerdings raubt eine Bande unerkannt gebliebener Royalisten Voltaires und Rousseaus Knochen und verscharrt sie irgendwo anders. Schon in der wiege habe er mit Fersen gespielt, erinnert sich der Dichter einmal seiner Jugend. Voltaire ist 1694 als Kind einer reichen Bürgerfamilie in Paris geboren. Mit zehn Jahren kommt er zu den Jesuiten. Als er sie mit 17 wieder verlässt, spricht er perfekt Latein, und ist in Rhetorik ausgebildet. Die liebe zum Theater, das er auch im Kollegium kennengelernt hat, wird ihn sein ganzes Leben lang begleiten. Nach dem Wunsch des Vaters studiert Voltaire Jus, aber in den Salons zeigt er sich als Veteran, und beweist ein großes Talent: nämlich sich durch boshafte Verse in Schwierigkeiten zu bringen. Als Voltaire einen Spottreim auf den Herzog von Orléans verfasst, landet er in der Bastille. Das erste Werk, in dem er eigenen Ideen zum Ausdruck bringt, vor allem die der Toleranz, ist die Tragödie Ödipus, deren Aufführung ihn mit einem Schlag berühmt macht. Die feine Gesellschaft öffnet Voltaire ihre Häuser, wo er seinen frivolen und weltlichen Konversationen voll Ironie und Raffinesse führt. Eines Abends beleidigt er den Herzog von Rouen mit dem Marmont: Monsieur, ich bin der erste meines Namens, aber sie der Letzte des Ihren.“ Am nächsten Tag wird Voltaire von den Dienern des Herzogs verprügelt. Er fordert diesen zum Duell, wird aber zum festgesetzten Zeitpunkt verhaftet. Nach seinem Gefängnisaufenthalt emigriert er nach England, wo es nur eines gibt was er nicht schätzt: Shakespeare, den er einen Barbaren nennt. Voltaires Anerkennung finden die liberale Justiz, die Toleranz und die Freiheit des Denkens. Er nützt die Zeit, um vielbeachtete Briefe nach Frankreich zu schicken, und eine Menge Geld zu verdienen. 1733 kehrt Voltaire nach Frankreich zurück. Er lebt und arbeitet auf dem Schloss von Cirey, zusammen mit der Marquise du Châtelet. Neben philosophischen Abhandlungen schreibt er Zaire, und andere erfolgreiche Theaterstücke. Es entsteht auch das Geschichtsbuch: Das Jahrhundert Ludwig des XIV., das erste politisch-historische Werk der Neuzeit. Sein Erfolg macht Voltaire zum Mitglied der Académie française, und zum offiziellen Geschichtsschreiber von Ludwig XV. Die Rivalität mit Madame de Pompadour und der Tod seiner Freundin bewegen ihn, eine Einladung Friedrich II. von Preußen anzunehmen. Aber die Freundschaft mit dem König geht nach drei Jahren in die Brüche. Aus Frankreich und Preußen vertrieben, geht Voltaire in die Schweiz, wo er sich in Genf niederlassen möchte. Aber seine harten Auseinandersetzungen mit dem Philosophen Rousseau, der dort lebt, lassen dies nicht zu. Voltaire zieht auf seinen Landsitz in Fernex, und schreibt den berühmten Roman: Candide oder die beste Welt. Er entwickelt eine eigene Philosophie, und erklärt sich zum Deisten. „Ich kann mir nicht vorstellen“, schreibt er, „dass ein so präzises Uhrwerk wie das Universum ohne das Vorhandensein eines Uhrmachers existieren könnte.“ Voltaire kehrt nach einem Exil von 28 Jahren nach Paris zurück. Die Ehrungen, mit denen er überhäuft wird, erschöpfen ihn aber so, dass er bald darauf stirbt. Die Dramen und Verse, die ihn seinerzeit berühmt gemacht haben, sind heute fast vergessen. Voltaires Ruhm als Philosoph und Historiker erlaubt es aber, ihn als unsterblich zu bezeichnen.