Elektrochemie im Alltag
In unserer heutigen modernen Welt sind wir in allen Bereichen unseres Alltags auf die Bereitstellung von elektrischer Energie zum Betreiben von Geräten verschiedenster Art angewiesen. Hierbei wird bei vielen Anwendungsbereichen die Energie direkt als elektrischer Strom über einen elektrischen Leiter (Stromkabel) in das Zielgerät gespeist. Jedoch besteht immer häufiger der Anspruch, dass Geräte autark, also ohne Stromzufuhr, funktionieren. Hierfür werden Batterien (einmalige Verwendung) bzw. Akkumulatoren (wiederaufladbar) verwendet, die einem Speicher elektrischer Energie entsprechen. Diese elektrische Energie wird aus chemischer Energie erzeugt. Dieser Prozess wird auch Galvanismus genannt und beschreibt einen Teilbereich der Elektrochemie. Der zweite Teilbereich der Elektrochemie ist die Elektrolyse, bei der durch Zufuhr von elektrischer Energie chemische Energie erzeugt wird (z. B. beim Aufladen eines Akkumulators).
Galvanismus:
$
E_{chem}~\ce{->}~E_{elek}
$
Elektrolyse:
$
E_{elek}~\ce{->}~E_{chem}
$
Grundlagen der Elektrochemie
Ein elektrischer Strom beschreibt die Bewegung von Ladungsträgern zum Ausgleich einer Potenzialdifferenz, wobei diese Ladungsträger entweder Elektronen oder Ionen entsprechen.
Die grundlegende Reaktionsart in der Elektrochemie ist die Übertragung von Elektronen im Sinn einer Redoxreaktion. Die Voraussetzung für eine Redoxreaktion wird durch die Anwesenheit eines Elektronendonators (manchmal auch Elektronendonor) ($D$) und eines Elektronenakzeptors ($A$) beschrieben. Der Elektronendonator ($D$) gibt dabei eine definierte Anzahl $n$ an Elektronen an den Elektronenakzeptor ($A$) ab. Die Elektronenabgabe wird Oxidation und die Elektronenaufnahme Reduktion genannt.
$
\begin{array}{ll}
\text{Oxidation:} & \ce{D <=> D^{n+} + n e-}\\
\text{Reduktion:} & \ce{A + n e- <=> A^{n-}} \\\hline
\text{Redoxgleichgewicht:} & \ce{D + A <=> D^{n+} + A^{n-}}
\end{array}
$
Bei einer Redoxreaktion handelt es sich in der Regel um ein chemisches Gleichgewicht. Daher existieren eine spontan ablaufende Reaktion (exergon), bei der Energie frei wird, sowie eine unfreiwillige Reaktion (endergon), bei der Energie zugesetzt werden muss.
Die chemische Energie der exergonen Teilreaktion wird dabei genutzt, um elektrische Energie zu erzeugen (Galvanismus). Die endergone Teilreaktion kann durch das Anlegen eines elektrischen Stroms erzwungen werden, sodass die chemische Energie wieder aufgebaut wird (Elektrolyse).
Aufbau der elektrochemischen Zelle
Typischerweise befinden sich für eine einfache Redoxreaktion Elektronendonator und -akzeptor in einem Behältnis, wobei die Übertragung der Elektronen direkt von $D$ auf $A$ erfolgt. In der Elektrochemie werden die beiden Teilreaktionen Oxidation und Reduktion räumlich voneinander getrennt. Hierfür sind die beiden Spezies $D$ und $A$ in einzelnen Kompartimenten (Halbzelle) aufbewahrt. Diese Kompartimente sind gefüllt mit einem flüssigen Ionenleiter (Elektrolyt). Es bestehen zwei Möglichkeiten, wie die Kompartimente aufgebaut sind:
- ein Gefäß mit einer Membran, die einerseits den Austausch von Spezies D und A zwischen den Kompartimenten verhindert und andererseits einen Stromfluss ermöglicht
- zwei räumlich getrennte Gefäße, die über eine Ionenbrücke miteinander verbunden sind, sodass ein Stromfluss ermöglicht wird
In den Elektrolyten wird pro Kompartiment ein fester Elektronenleiter (Elektrode) eingetaucht. Die Elektroden beider Kompartimente sind miteinander über ein Stromkabel verbunden.
Bei einer galvanischen Zelle kann das leitende Kabel mit einem Spannungsmesser (Voltmeter) verbunden sein, sodass die Spannung der elektrochemischen Zelle abgelesen werden kann.

Beispiel – das Daniell-Element
Um die Vorgänge einer elektrochemischen Zelle exemplarisch darzustellen, wird sehr häufig als typisches Beispiel das Daniell-Element eingeführt. Bei diesem findet dem Galvanismus entsprechend ein Elektronentransfer zwischen einem festen Zinkstab und gelösten Kupferionen statt. Für den Aufbau sind die beiden Reaktionspartner jedoch in zwei Halbzellen voneinander getrennt:
- Kompartiment 1: Zinkstab (Elektrode), Zink(II)-Sulfat-Lösung (Elektrolyt)
- Kompartiment 2: Kupferstab (Elektrode), Kupfer(II)-Sulfat-Lösung (Elektrolyt)
Die beiden Elektroden sind über ein Stromkabel miteinander verbunden. Die Elektrolytlösungen werden von einer semipermeablen (halb durchlässigen) Membran (z. B. Diaphragma, poröse Scheidewand) getrennt, durch die sich keine Metallionen, jedoch andere ionische Zusätze, wie z. B. Sulfationen, bewegen können. In dieser Anordnung liegt ein geschlossener Stromkreis vor.
- Vorgänge in Kompartiment 1
- Halbzellgleichung: $\ce{Zn <=> Zn^2+ + 2 e-}$
- Metallisches Zink wird oxidiert.
- Zinkionen gehen in Lösung.
- Elektronen wandern von der Zinkelektrode über den Draht zur Kupferelektrode.
- Resultat: Die Zinkelektrode baut sich über die Zeit ab.
- Vorgänge in Kompartiment 2
- Halbzellgleichung: $\ce{Cu^2+ + 2 e- <=> Cu}$
- $\ce{Cu^{2+}}$-Ionen werden reduziert.
- Die überschüssigen Elektronen werden von den Kupferionen aufgenommen.
- Kupferionen werden aus der Lösung entfernt.
- Resultat: An der Kupferelektrode scheidet sich frisches metallisches Kupfer ab.
- Gesamtreaktion
- $\ce{Zn + Cu^{2+} <=> Zn^{2+} + Cu}$
Da an der Zinkelektrode sehr viele $\ce{Zn^{2+}}$-Ionen entstehen, herrscht ein Überschuss an positiven Ladungen in Lösung. Daher wandern die negativ geladenen Sulfationen zur Zinkelektrode, um die Ladung auszugleichen. Dementsprechend wird die Zinkelektrode auch Anode genannt. An der Anode findet die Oxidation statt, da Zink Elektronen abgibt. Diese Elektronen fließen durch den Leiter zur Kupferelektrode.
Im Gegenzug werden an der Kupferelektrode $\ce{Cu^{2+}}$-Ionen verbraucht, sodass ein Überschuss an Sulfationen entsteht. Als Ausgleich wandern die positiv geladenen $\ce{Cu^{2+}}$-Ionen zur Kupferelektrode. Aus diesem Grund wird die Kupferelektrode Kathode genannt. An der Kathode findet die Reduktion statt, da Kupfer Elektronen aufnimmt.
In der Chemie wird die Richtung des elektrischen Stromes über die Bewegung der Elektronen bestimmt (physikalischer Strom). Hierbei bewegen sich die Elektronen immer vom Minuspol zum Pluspol. Das bedeutet, dass bei der galvanischen Zelle die Anode der Minuspol und die Kathode der Pluspol ist.
Die elektromotorische Kraft
Im Fall des Daniell-Elements wird ein Kupferstab in eine Kupfer(II)-haltige Lösung und ein Zinkstab in eine Zink(II)-haltige Lösung eingeführt. Hierbei bildet sich jeweils ein Elektrodenpotenzial $E$ an der Phasengrenze zwischen der Elektrode und der Elektrolytlösung aus. Unter Standardbedingungen (Temperatur $T = 298~\pu{K}$, Konzentration $c = 1~\pu{mol}/\pu{\ell}$, Druck $p = 1,013~\pu{bar}$) betragen diese Standardpotenziale $E^{0}$ folgende Werte:
$
\begin{array}{lll}
E^{0}_{\ce{Cu}/\ce{Cu^{2+}}} &=& 0,34~\pu{V} \\
&&\\
E^{0}_{\ce{Zn}/\ce{Zn^{2+}}} &=& -0,76~\pu{V}
\end{array}
$
Aus den Elektrodenpotenzialen $E$ der jeweiligen Halbzelle kann in der Folge das elektrische Potenzial der gesamten galvanischen Zelle errechnet werden. Diese Zellspannung ($\Delta E$) entspricht der elektromotorischen Kraft (EMK). Die EMK ist die maximale Spannung, die eine galvanische Zelle unter Standardbedingungen liefern kann. Damit wird die Triebkraft der elektrochemischen Reaktion beschrieben. Die Berechnung erfolgt über die Differenz der Elektrodenpotenziale $E$ unter Berücksichtigung der Vorzeichen:
$
\Delta E = E_{Kathode} - E_{Anode}
$
Unter Standardbedingungen gilt:
$
\Delta E^{0} = E^{0}_{Kathode} - E^{0}_{Anode}
$
Für das Daniell-Element ergibt sich folgende Standardzellspannung $\Delta E^{0}$:
$
\begin{array}{lll}
\Delta E^{0} &=& E^{0}_{\ce{Cu}/\ce{Cu^{2+}}} - E^{0}_{\ce{Zn}/\ce{Zn^{2+}}}\\
&&\\
\Delta E^{0} &=& 0,34~\pu{V} - \left( -0,76~\pu{V} \right)\\
&&\\
\Delta E^{0} &=& 1,10~\pu{V}
\end{array}
$
Wird bei dem Daniell-Element unter Standardbedingungen in den Stromkreis ein Voltmeter geschaltet, könnte man auf dem Voltmeter den Wert $1,10~\pu{V}$ ablesen.
Verbindung der elektromotorischen Kraft und der freien Enthalpie
Die elektromotorische Kraft einer galvanischen Zelle beschreibt die Triebkraft der freiwilligen Reaktion aus einem Redoxgleichgewicht.
Durch die Potenzialdifferenz fließt ein elektrischer Strom zwischen den Elektroden mit einer definierten elektrischen Energie. Diese Energie entspricht bei konstanter Temperatur und konstantem Druck der freien Enthalpie $\Delta G$. Somit stehen die elektromotorische Kraft $\Delta E$ und die thermodynamische Größe $\Delta G$ in einem Verhältnis zueinander.
$\Delta G = -nF\Delta E$
Unter Standardbedingungen gilt:
$\Delta G^{0} = -nF\Delta E^{0}$
In dieser Gleichung entspricht $n$ der Anzahl der übertragenen Elektronen aus der Redoxgleichung und $F$ der Faraday-Konstante ($96485~\pu{C/mol}$).
Dementsprechend ergibt sich für das Daniell-Element unter Standardbedingungen folgende elektrische Energie:
$\begin{array}{lll}
\Delta G^{0} &=& -2\cdot 96\,485~\frac{\pu{C}}{\pu{mol}}\cdot 1,10~\pu{V}\\
& & \\
\Delta G^{0} &=& -212\,267~\frac{\pu{CV}}{\pu{mol}}\\
& & \\
\Delta G^{0} &=& -212,267~\pu{kJ/mol}\\\hline
\text{Info:} & & \\
1~\pu{CV} &=& 1~\pu{J}
\end{array}
$
Die elektrochemische Spannungsreihe
Das Elektrodenpotenzial entspricht keinem absoluten Wert, wodurch für eine einzelne Halbzellreaktion das Potenzial nicht bestimmbar ist. Es werden sogenannte Referenzelektroden verwendet, um das relative Potenzial zwischen zwei Halbzellen zu bestimmen. In der Wissenschaft hat man sich darauf geeinigt, der Standardwasserstoffelektrode (SHE) willkürlich ein Elektrodenpotenzial von $0~\pu{V}$ zuzuweisen. Daraufhin kann im Sinn eines galvanischen Elements für jedes Redoxsystem ein Elektrodenpotenzial relativ zur SHE bestimmt werden.
Die Standardwasserstoffelektrode SHE ($\Delta E^{0} = 0,00~\pu{V}$ bei T = 298 K) besteht aus einer Platinelektrode, die in eine wässrige Lösung mit einer Oxoniumionenkonzentration $c = 1 \pu{mol}/\pu{\ell}$ getaucht wird. In diese Lösung wird über ein Rohr molekularer Wasserstoff ($\ce{H2}$) mit einem Druck $p = 1,013~\pu{bar}$ eingeleitet.
$\ce{H2 + 2 H2O <=> 2 H3O+ + 2e-}$
Die Werte für die Standardelektrodenpotenziale werden in der sogenannten elektrochemischen Spannungsreihe aufgelistet. In der folgenden Tabelle wird ein Auszug der elektrochemischen Spannungsreihe für Metalle gezeigt.
Redoxsystem |
Standardpotenzial $E^{0}$ gegen SHE in V |
$\ce{Li+ + e- <=> Li}$ |
–3,04 |
$\ce{Mg^{2+} +2 e- <=> Mg}$ |
–2,36 |
$\ce{Zn^{2+} + 2 e- <=> Zn}$ |
–0,76 |
$\ce{H2 + 2 H2O <=> 2 H3O+ + 2e-}$ |
0,00 |
$\ce{Cu^{2+} + 2 e- <=> Cu}$ |
0,34 |
$\ce{Ag+ + e- <=> Ag}$ |
0,80 |
Anhand der Standardpotenziale der elektrochemischen Spannungsreihe kann eine Aussage getroffen werden, ob eine Verbindung ein starkes Oxidations- oder Reduktionsmittel ist. Negative Standardpotenziale (z. B. Lithium oder Magnesium) deuten auf ein stärkeres Reduktionsmittel hin. Diese Verbindungen werden umgangssprachlich auch als unedle Metalle bezeichnet. Positive Standardpotenziale (z. B. Kupfer oder Silber) entsprechen Verbindungen, die stärkere Oxidationsmittel sind. Diese Verbindungen werden auch als edlere Metalle bezeichnet.
Natürlich kann anhand eines einzelnen Redoxsystems keine endgültige Aussage über die bevorzugte Richtung des Gleichgewichts getätigt werden. Wird eine Halbzelle mit Zinkelektrode und Zink(II)-Ionen-Lösung ($\Delta E^{0} = -0,76~\pu{V}$) mit einer Kupferhalbzelle ($\Delta E^{0} = 0,34~\pu{V}$) verbunden, wird das metallische Zink oxidiert. Erfolgt jedoch eine Kopplung der Zinkhalbzelle mit einer Lithiumhalbzelle ($\Delta E^{0} = -3,04~\pu{V}$), werden die Zink(II)-Ionen reduziert, da Lithium ein unedleres Metall ist und somit eine höhere Reduktionskraft besitzt.
Die Nernst-Gleichung
Bisher wurden alle Redoxsysteme unter Standardbedingungen betrachtet, jedoch müssen Elektrodenpotenziale auch bei einer Änderung der Faktoren Konzentration, Temperatur und Druck beurteilt werden können.
Hierfür wird die Nernst-Gleichung verwendet, mit der das Elektrodenpotenzial eines Redoxsystems in Abhängigkeit der Konzentration, der Temperatur und des Drucks berechnet wird.
Die allgemeine Formulierung lautet:
$
E = E^{0} + \frac{RT}{nF}\cdot \ln{\dfrac{\left[ Ox \right] }{\left[ Red \right] }}
$
Größen:
- $E$: Elektrodenpotenzial
- $E^{0}$: Standardpotenzial
- n: Anzahl der übertragenen Elektronen
- F: Faraday-Konstante ($96\,485~\pu{C/mol}$)
- R: allgemeine Gaskonstante ($8,314~\pu{J}/(\text{mol} \cdot \text{K})$)
- T: absolute Temperatur (in $\pu{K}$)
- [Ox]: Konzentration der oxidierten Spezies
- [Red]: Konzentration der reduzierten Spezies
Für den Vergleich von Elektrodenpotenzialen bei konstanten Temperaturen (z. B. $25~\pu{°C}$) kann die Nernst-Gleichung vereinfacht werden:
$\begin{array}{lll}
E &=& E^{0} + \dfrac{8,314~\pu{J}\cdot \pu{mol}^{-1} \cdot \pu{K}^{-1} \cdot 298~\pu{K}\cdot 2,303}{n \cdot 96\,485~\pu{C}\cdot \pu{mol}^{-1}} \log_{10}{\dfrac{\left[ Ox \right] }{\left[ Red \right] }}\\
& & \\
E &=& E^{0} + \dfrac{0,059~\pu{V}}{n} \log_{10}{\dfrac{\left[ Ox \right] }{\left[ Red \right] }}
\end{array}
$
Bei Redoxsystemen von Metallen (Me) entspricht die reduzierte Spezies in vielen Fällen dem reinen Metall.
$\ce{Me <=> Me^{n+} + n e-}$
Dieses Metall besitzt in Form seiner festen Phase keine Gleichgewichtskonzentration in Lösung, wodurch der Term $\left[ Red \right]$ aus der Nernst-Gleichung entfernt wird. Dementsprechend kann die Nernst-Gleichung bei $25~\pu{°C}$ weiter vereinfacht werden:
$
E = E^{0} + \dfrac{0,059~\pu{V}}{n} \log_{10}{\left[ \ce{Me^{n+}}\right] }
$
Beispielrechnung für Konzentrationsabhängigkeit des Elektrodenpotenzials
Wenn die Kupferhalbzelle im Daniell-Element bei 25 $\pu{°C}$ nicht $1,0~\pu{mol}/\pu{\ell}$, sondern $0,1~\pu{mol}/\pu{\ell}$ Kupfer(II)-Sulfat-Lösung enthält, entspricht das Elektrodenpotenzial nicht mehr den Standardbedingungen. Durch Einsetzen in die vereinfachte Form der Nernst-Gleichung berechnet sich das eigentliche Elektrodenpotenzial.
$
\begin{array}{lll}
E &=& 0,34~\pu{V} + \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( 0,1~\pu{mol}/\pu{\ell}\right) }\\
& & \\
E &=& 0,31~\pu{V}\\
\end{array}
$
Das Elektrodenpotenzial der Kupferhalbzelle beträgt $0,31~\pu{V}$, also $0,03~\pu{V}$ weniger als das Standardpotenzial von $0,34~\pu{V}$. Der Grund lässt sich auf die Verminderung der Kupfer(II)-Konzentration zurückführen. Dadurch entsteht durch den Logarithmus ein negativer Term in der Nernst-Gleichung.
Beispielrechnung für Druckabhängigkeit des Elektrodenpotenzials
Für die Standardwasserstoffelektrode ergibt sich eine Abhängigkeit von der Konzentration der Oxoniumionen, aber auch vom Druck des molekularen Wasserstoffs, der in die Lösung eingeleitet wird. In Analogie zum Massenwirkungsgesetz kann bei dem Logarithmusterm in der Nernst-Gleichung ebenfalls mit den Partialdrücken $p$ der gasförmigen Verbindungen eines Redoxsystems gerechnet werden.
Bei einem System mit gelösten Teilchen, für die eine Konzentration angegeben wird, und gasförmigen Molekülen, die einem Druck entsprechen, muss der Druck des Gases relativ zum Atmosphärendruck bestimmt werden.
In diesem Rechenbeispiel betrachten wir die Standardwasserstoffelektrode ($\Delta E^{0}_{\ce{H2}/\ce{H3O+}}$ = 0,00 V) bei 25 $\pu{°C}$ mit einer Oxoniumionenkonzentration von $1~\pu{mol}/\pu{\ell}$l. Der Wasserstoffdruck $p_{\ce{H2}}$ soll nur $0,1~\pu{bar}$ entsprechen. Werden die Werte in die Nernst-Gleichung eingesetzt, muss der Partialdruck des Wasserstoffs durch den Atmosphärendruck $1,013~\pu{bar}$ geteilt werden.
$
\begin{array}{lll}
E &=& E^{0}_{\ce{H2}/\ce{H3O+}} + \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( \dfrac{\left[ \ce{H3O+} \right]^{2} }{p_{\ce{H2}} }\right) }\\
&&\\
E &=& 0,00~\pu{V} + \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( \dfrac{\left(1~\pu{mol}/\pu{\ell}\right) ^{2} }{ \frac{0,1~\pu{bar}}{1,013~\pu{bar}} }\right) }\\
&&\\
E &=& 0,03~\pu{V}
\end{array}
$
Das Elektrodenpotenzial der Standardwasserstoffelektrode beträgt bei einem Wasserstoffdruck von 0,1 bar 0,03 V. Dies ist um 0,03 V höher als das eigentliche Standardpotenzial von 0 V.
Bestimmung der elektromotorischen Kraft mit der Nernst-Gleichung
Die elektromotorische Kraft $\Delta E$ einer galvanischen Zelle ist die Differenz der Elektrodenpotenziale $E$ der Kathode und Anode. Diese Elektrodenpotenziale können auch in Form der Nernst-Gleichung ausgedrückt werden.
Wird das Daniell-Element bei $25~\pu{°C}$ mit $0,1~\pu{mol}/\pu{\ell}$ Kupfer(II)-Sulfat-Lösung und $0,01~\pu{mol}/\pu{\ell}$ Zink(II)-Sulfat-Lösung betrachtet, ändert sich die elektromotorische Kraft im Vergleich zu den Standardbedingungen. Die neue elektromotorische Kraft wird im Folgenden berechnet:
$
\begin{array}{lll}
\Delta E &=& E_{Kathode} - E_{Anode}\\
& & \\
\Delta E &=& E^{0}_{\ce{Cu}/\ce{Cu^{2+}}} + \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( \left[ \ce{Cu^{2+}}\right]\right) } - E^{0}_{\ce{Zn}/\ce{Zn^{2+}}} - \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( \left[ \ce{Zn^{2+}}\right] \right) }\\
& & \\
\Delta E &=& 1,10~\pu{V} + \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( 0,1~\pu{mol}/\pu{\ell}\right)} - (-0,76~\pu{V}) \\
&&- \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( 0,01~\pu{mol}/\pu{\ell}\right) }\\
& & \\
\Delta E &=& 1,10~\pu{V} + \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( \dfrac{0,1~\pu{mol}/\pu{\ell}}{0,01~\pu{mol}/\pu{\ell}}\right) }\\
& & \\
\Delta E &=& 1,13~\pu{V}
\end{array}
$
Das Konzentrationselement
Aus den vorherigen Betrachtungen wurde die Konzentrationsabhängigkeit des Redoxpotenzials für ein spezifisches Redoxsystem ersichtlich. Aufgrund dieser Abhängigkeit von der Konzentration können zwei Halbzellen des gleichen Typs verbunden werden, die eine unterschiedliche Konzentration der gelösten Ionen aufweisen. Diese Systeme werden Konzentrationselement genannt.
Zum Beispiel werden zwei Kupferhalbzellen bei $25~\pu{°C}$ miteinander gekoppelt. In Zelle 1 liegt eine Kupfer(II)-Ionen-Lösung mit $c = 1~\pu{mol}/\pu{\ell}$ vor. In Zelle 2 befindet sich eine Kupfer(II)-Ionen-Lösung mit $c = 0,01~\pu{mol}/\pu{\ell}$. Dadurch existiert eine Potenzialdifferenz zwischen den beiden Halbzellen, weshalb die Elektronen von der Zelle 2 zur Zelle 1 fließen.
Die Berechnung erfolgt nach dem folgenden Schema:
$
\begin{array}{lll}
\Delta E &=& E^{0}_{\ce{Cu}/\ce{Cu^{2+}}} + \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( \left[ \ce{Cu^{2+}}\right] _{1} \right)} - E^{0}_{\ce{Cu}/\ce{Cu^{2+}}} - \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( \left[ \ce{Cu^{2+}}\right] _{2} \right) }\\
& &\\
\Delta E &=& 0,00~\pu{V} + \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( \dfrac{\left[ \ce{Cu^{2+}}\right] _{1} }{\left[ \ce{Cu^{2+}}\right] _{2}}\right) }\\
& & \\
\Delta E &=& \dfrac{0,059~\pu{V}}{2} \log_{10}{\left( \dfrac{1~\pu{mol}/\pu{\ell}}{0,01~\pu{mol}/\pu{\ell}} \right)}\\
& & \\
\Delta E &=& 0,059~\pu{V}
\end{array}
$
Elektromotorische Kraft und Elektrodenpotenziale berechnen – Zusammenfassung
- Die Elektrochemie wird in zwei Grundprinzipien unterteilt: Galvanismus und Elektrolyse.
- Eine galvanische Zelle erzeugt elektrische Energie aus chemischer Energie.
- Eine allgemeine elektrochemische Zelle wird in zwei Kompartimente (Halbzellen) unterteilt.
- Für jede galvanische Zelle kann eine gesamte Zellspannung aus der Differenz der Elektrodenpotenziale bestimmt werden. Dieser Wert entspricht der elektromotorischen Kraft. Dabei gilt:
$
\Delta E = E_{Kathode} - E_{Anode}
$
- Die elektromotorische Kraft steht im Verhältnis zu freien Reaktionsenthalpie eines Redoxgleichgewichts und beschreibt damit die elektrische Energie des Systems.
- Zum Vergleich der Reduktions- bzw. Oxidationskraft eines Redoxsystems muss das Redoxpotenzial der jeweiligen Halbzellen miteinander verglichen werden. Das System mit dem positiveren Potenzial wird reduziert und das mit dem negativeren Potenzial oxidiert.
- Das Redoxpotenzial ist abhängig von der Temperatur, der Konzentration und dem Druck. Zur Bestimmung des Redoxpotenzials in Bezug auf diese Faktoren wird die Nernst-Gleichung verwendet.
- Werden zwei Halbzellen des gleichen Redoxsystems mit unterschiedlichen Konzentration gekoppelt, nennt man diese galvanische Zelle Konzentrationselement.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Elektromotorische Kraft (EMK) und Elektrodenpotenzial
Was ist die elektromotorische Kraft?
Die elektromotorische Kraft, oder auch Zellspannung, wird bei einer galvanischen Zelle als Potenzialdifferenz zwischen den Elektroden bestimmt und beschreibt die Triebkraft der Elektronenübertragung von der Oxidation zur Reduktion.
Welche Aussage kann aus dem Elektrodenpotenzial gezogen werden?
Über das Elektrodenpotenzial (auch Redoxpotenzial) wird die Aussage über Reduktions- bzw. Oxidationskraft eines Redoxsystems getätigt. Hohe Redoxpotenziale (edel) deuten auf gute Oxidationsmittel hin. Niedrige Redoxpotenziale (unedel) werden bei guten Reduktionsmitteln gefunden.
Auf welcher Basis findet der Vergleich von Redoxpotenzialen statt?
Da für ein Redoxsystem kein absolutes Potenzial gemessen werden kann, erfolgt die Bestimmung dieses Potenzials in Relation zu einem Referenzwert. Hierfür eignet sich zum Beispiel die Standardwasserstoffelektrode, die auf $0~\pu{V}$ gesetzt wurde. Somit können Redoxpotenziale, die gegen eine Standardwasserstoffelektrode gemessen werden, miteinander verglichen werden.