Wasserstoffbrückenbindung – einfach erklärt
Eine Wasserstoffbrückenbindung ist eine Form der Anziehung zwischen Molekülen, also eine zwischenmolekulare Wechselwirkung. Wie der Name bereits vermuten lässt, spielt Wasserstoff $\left(\ce{H} \right)$ dabei eine ganz entscheidende Rolle.
Eine Wasserstoffbrückenbindung (oder einfach Wasserstoffbrücke) bildet sich zwischen einem kovalent gebundenen Wasserstoff-Atom eines Moleküls und einem stark elektronegativen Atom eines anderen Moleküls aus. In der Regel verfügt das andere Atome (z. B. Sauerstoff, Stickstoff oder Fluor) dabei über mindestens ein freies Elektronenpaar. Wasserstoffbrückenbindungen sind die stärksten zwischenmolekularen Wechselwirkungen.
Wasserstoffbrückenbindungen treten v. a. zwischen Wassermolekülen $\left(\ce{H2O} \right)$, Ammoniak $\left(\ce{NH3} \right)$ oder Fluorwasserstoff $\left(\ce{HF} \right)$ auf. Denn Fluor $\left(\ce{F} \right)$, Sauerstoff $\left(\ce{O} \right)$ und Stickstoff $\left(\ce{N} \right)$ sind Elemente mit einer sehr hohen Elektronegativität, was zu einer deutlichen Anziehung des elektropositiveren Wasserstoffs $\left(\ce{H} \right)$ führt.
In der folgenden Abbildung ist am Beispiel von Wasser dargestellt, wie mehrere Moleküle über Wasserstoffbrückenbindungen miteinander vernetzt werden können.

Dabei ist zu beachten, dass die gepunktet dargestellten Wasserstoffbrücken keine kovalenten Bindungen darstellen. Wasserstoffbrückenbindungen sind zwar die stärksten zwischenmolekularen Wechselwirkungen, aber dennoch deutlich schwächer als die kovalenten Bindungen innerhalb von Molekülen.
Entstehung von Wasserstoffbrückenbindungen
Nun wollen wir uns genauer ansehen, wie es dazu kommt, dass sich Wasserstoffbrückenbindungen aufgrund der unterschiedlichen Elektronegativitäten der beteiligten Atome ausbilden.
Eine Wasserstoffbrückenbindung tritt zwischen permanenten Dipolmolekülen auf, an denen Wasserstoff $\left(\ce{H} \right)$ beteiligt ist (genauer gesagt zwischen Teilen von diesen). Sie ist die stärkste Wechselwirkung zwischen Molekülen. Ein positiv polarisiertes Wasserstoffatom (also ein Wasserstoffatom mit einer positiven Partialladung) zieht dabei das freie Elektronenpaar eines Atoms von einem anderen Dipolmolekül an. Ein Dipolmolekül (oder einfach ein Dipol) ist vorhanden, wenn Atome mit deutlich unterschiedlichen Elektronegativitätswerten eine polare Atombindung eingehen. Dabei muss die Differenz der Elektronegativitätswerte ausreichend groß sein, um ein starkes Dipolmoment zu erzeugen. Das ist oft der Fall, wenn Wasserstoff eine kovalente Bindung mit einem stark elektronegativen Element eingeht. Sehr hohe Elektronegativitäten $\left( EN \right)$ finden wir im Periodensystem beispielsweise bei Fluor $\left( EN(\ce{F})=4,0 \right)$, Sauerstoff $\left( EN(\ce{O})=3,4 \right)$ und Stickstoff $\left( EN(\ce{N})=3,0 \right)$. Kohlenstoff $\left( EN(\ce{C})=2,6 \right)$ und Wasserstoff $\left( EN(\ce{H})=2,2 \right)$ weisen hingegen für Nichtmetalle relativ niedrige Elektronegativitätswerte auf.
Elemente mit hohen Elektronegativitätswerten ziehen die bindenden Elektronen innerhalb des Moleküls sehr stark zu sich. Dadurch entsteht eine asymmetrische Ladungsverteilung und sogenannte Partialladungen bilden sich heraus. Im Falle des Wassermoleküls $\left(\ce{H2O} \right)$ entsteht dadurch eine positive Partialladung auf der Seite des Wasserstoffatoms (bzw. bei beiden Wasserstoffatomen) und eine negative Partialladung beim Bindungspartner Sauerstoff. Wasserstoffbrückenbindungen entstehen nun zwischen den einzelnen Wassermolekülen, da die gegensätzlichen Partialladungen nicht nur zu einer starken Bindung innerhalb des Wassermoleküls führen, sondern auch zu Anziehungskräften zwischen den Molekülen bzw. zwischen den gegensätzlich geladenen Teilen der Moleküle.
Achtung:
Du findest für die Elektronegativität der einzelnen Elemente in der Literatur unterschiedliche Werte, da es verschiedene Möglichkeiten gibt, diese zu berechnen. So sind also auch die Differenzen der Elektronegativitätswerte $\left( \Delta EN \right)$ abweichend. Allerdings gibt dir schon eine Tendenz zu höheren oder geringeren Differenzen der Elektronegativitätswerte einen guten Hinweis auf die Art der Bindung.
Wasserstoffbrückenbindungen können in besonderen Fällen aber auch innerhalb eines Moleküls, also intramolekular, ausgebildet werden. Das ist bei sehr großen Molekülen der Fall, bei denen Anziehungskräfte zwischen gegensätzlich polarisierten Molekülteilen auftreten können. Ein Beispiel dafür ist das DNA-Molekül, in dem die Basenpaare über Wasserstoffbrückenbindungen miteinander verknüpft sind. So bildet sich die bekannte Struktur der Doppelhelix aus.
Fehleralarm
Fehlerhaft ist die Annahme, Wasserstoffbrückenbindungen seien immer gleich stark. Ihre Stärke hängt von der Ausrichtung der beteiligten Moleküle und den beteiligten Atomen ab.
Vergleich mit anderen Bindungsarten zwischen Molekülen
Es gibt verschiedene zwischenmolekulare Wechselwirkungen, die alle auf der elektrostatischen Anziehung zwischen geladenen Teilchen beruhen. Diese Anziehung nennt man auch Coulombkraft und sie führt zur Ausbildung der Van‑der‑Waals‑Kräfte sowie der Dipol‑Dipol‑Wechselwirkungen. Wasserstoffbrückenbindungen stellen einen Spezialfall der Dipol‑Dipol‑Wechselwirkungen dar. Sie basieren wie diese auf unterschiedlichen Elektronegativitäten, sind aber noch etwas stärker und stabiler als andere Dipol‑Dipol‑Wechselwirkungen, bei denen nicht immer Wasserstoff beteiligt sein muss.
Bindungsenergie und Stärke von Wasserstoffbrückenbindungen
Die Wasserstoffbrückenbindung ist, wie bereits erwähnt, die stärkste unter den zwischenmolekularen Wechselwirkungen bzw. Anziehungskräften. Die Bindungsenergie ist zwar geringer als die der kovalenten Bindung (egal ob polare oder unpolare Atombindung), dennoch beeinflussen die Wasserstoffbrücken viele wichtige Eigenschaften von Verbindungen, z. B. die Schmelz- und Siedepunkte. Bei einigen Stoffen sind die zwischenmolekularen Kräfte sogar so stark ausgeprägt, dass diese bei Temperaturerhöhung nicht verdampfen, sondern sich bereits vorher zersetzen. In diesem Fall brechen also zuerst die Bindungen zwischen den einzelnen Atomen auf. Einen solchen Stoff kennst du auch schon: Zucker.
Hinsichtlich der Stärke von Wasserstoffbrückenbindungen unterscheiden wir drei Ausprägungen:
Wasserstoffbrückenbindungen |
Bindungsenergie |
Beispiele |
stark |
$\pu{63 - 167 kJ//mol}$ |
Fluorwasserstoff $\left( \ce{HF} \right)$ |
mittel |
$\pu{17 - 63 kJ//mol}$ |
Wasser $\left( \ce{H2O} \right)$, Kohlenhydrate |
schwach |
$< \pu{17 kJ//mol}$ |
Proteine |
Kennst du das?
Vielleicht hast du schon einmal gemerkt, dass ein Tropfen Honig zähflüssiger ist als Wasser. Diese Zähflüssigkeit kommt, neben dem hohen Zuckergehalt, von der starken Wasserstoffbrückenbindung zwischen den Zucker- und Wassermolekülen im Honig. Diese Bindungen machen den Honig dickflüssig und verhindern, dass er so leicht fließt wie Wasser. So kannst du sehen, wie Wasserstoffbrückenbindungen die Konsistenz von Flüssigkeiten beeinflussen.
Nun werfen wir nochmal einen genaueren Blick auf die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Wassermolekülen in den verschiedenen Aggregatzuständen des Wassers.
Wasserstoffbrückenbindungen – Vorkommen
Wasserstoffbrückenbindungen kommen nicht nur in Wasser $\left(\ce{H2O} \right)$ vor, sondern auch in anderen stark polaren Stoffen wie Fluorwasserstoff $\left(\ce{HF} \right)$ und Ammoniak $\left(\ce{NH3} \right)$. Außerdem können Wasserstoffbrücken auch zwischen funktionellen Gruppen in organischen Verbindungen auftreten, die Sauerstoff oder Stickstoff (und natürlich Wasserstoff) enthalten. Das trifft auf verschiedenste Proteine zu, aber auch auf das bereits angesprochene DNA-Molekül sowie auf die RNA.
In der folgenden Tabelle sind einige Auswirkungen aufgelistet, die Wasserstoffbrückenbindungen in den verschiedenen Stoffen haben können.
Stoff |
Auswirkungen |
Wasser |
- flüssig unter Normalbedingungen auf der Erde (durch Siedepunktserhöhung) - Dichteanomalie - Kohäsion (Zusammenhalt durch hohe Oberflächenspannung) |
Proteine |
- Stabilisierung der Sekundär- und Tertiärstrukturen - Bindung zur übergeordneten Quartärstruktur |
RNA |
- komplementäre Basenpaarung innerhalb der verschiedenen RNA-Moleküle - Basenpaarung zwischen RNA- und DNA-Molekülen |
DNA |
- komplementäre Basenpaarung innerhalb der Doppelhelix - Zusammenhalt und Stabilität | |
Kontrovers diskutiert:
Aktuellen Forschungsergebnissen zufolge könnten Wasserstoffbrückenbindungen nicht nur für die Struktur, sondern auch für die chemische Reaktivität von Molekülen entscheidend sein. Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler argumentieren, dass diese Bindungen Reaktionswege drastisch beeinflussen können. Andere hingegen glauben, dass ihre Rolle zwar wichtig, aber nicht so zentral ist, wie behauptet wird.
Im Folgenden wollen wir noch detaillierter auf einige dieser Punkte eingehen.
Wasserstoffbrückenbindungen im Wasser
Die drei klassischen Aggregatzustände sind fest, flüssig und gasförmig. Die Temperatur, bei der Stoffe unter Normalbedingungen vom flüssigen in den gasförmigen Zustand übergehen, wird Siedetemperatur genannt. Sie ist abhängig von der molaren Masse (auch Molmasse) des Stoffes sowie der Bindungsstärke zwischen den Teilchen.
Schauen wir uns zuerst die molare Masse von Wasser $\left( \ce{H2O} \right)$ an. Diese liegt mit $\pu{18 g//mol}$ deutlich unter der molaren Masse von Stickstoff $\left( \ce{N2} \right)$, dem Hauptbestandteil der Luft, mit $\pu{29 g//mol}$. Trotzdem ist Wasser im Gegensatz zur gasförmigen Luft flüssig unter Normalbedingungen. Was ist der Grund hierfür? Hier kommt nun also die Bindung zwischen den Teilchen ins Spiel.
Wasser setzt sich aus Wassermolekülen $\left( \ce{H2O} \right)$ zusammen. Im Wassermolekül liegt an den beiden Wasserstoffatomen $\left( \ce{H} \right)$ eine positive Partialladung und am Sauerstoff $\left( \ce{O} \right)$ eine negative Partialladung vor. Dadurch, dass das Wassermolekül gewinkelt ist, bildet sich ein Dipol aus. Der negative Ladungsschwerpunkt liegt im Dipol Wasser beim Sauerstoffatom, der positive aufseiten der beiden Wasserstoffatome.

Einfach erklärt lässt sich sagen, dass sich zwischen zwei Wassermolekülen eine Brücke von einem Wasserstoffatom des einen Moleküls zum Sauerstoffatom des anderen Moleküls ausbildet. Diese Brücke ist keine wirkliche chemische Bindung und wirkt daher auch nicht so stark wie die Bindungskräfte innerhalb eines einzelnen Wassermoleküls.
Wasserstoffbrücken in flüssigem Wasser
Wasserstoffbrücken bestehen immer nur für winzige Bruchteile von Sekunden. Sie werden also ständig aufgelöst und neu gebildet. Wasserstoffbrücken reichen jedoch aus, um zu einer sogenannten Molekülvergrößerung zu führen. So sind bei $\pu{20 °C}$ im Durchschnitt neun Wassermoleküle zu einem sogenannten Cluster verbunden. Dies hat wiederum zur Folge, dass sehr viel Energie aufgebracht werden muss, um diese Cluster zu trennen. Es kommt zu einer Erhöhung des Siedepunktes. Dies zeigt sich vor allem im Vergleich mit den weiteren $\ce{H2X}$‑Hydriden aus der 6. Hauptgruppe, z. B. Schwefelwasserstoff $\left( \ce{H2S} \right)$. Bis auf Wasser $\left( \ce{H2O} \right)$ sind diese bei Raumbedingungen allesamt gasförmig und zeigen nur eine leichte Siedepunktserhöhung aufgrund ihrer steigenden molaren Masse.
Wasserstoffbrücken im Eis
Die Wasserstoffbrücken im Wasser sind sehr starr und gerichtet. Dies führt beim Abkühlen dazu, dass sich die Wassermoleküle in Sechserringen mit einem relativ großen Abstand zueinander bilden. Die Entfernung der Moleküle zueinander wird dann sogar größer als deren Abstand noch im flüssigen Zustand war. Die folgenden beiden Abbildungen zeigen, wie die weitmaschige, sechseckige Struktur von Eis direkt aus den starren Wasserstoffbrücken folgt.


Wasser erreicht also seine höchste Dichte nicht im festen Zustand, sondern bei $\pu{4 °C}$. Die Dichte von gefrorenem Wasser (Eis) ist aufgrund der sechseckigen Anordnung geringer als die Dichte von flüssigem Wasser, daher schwimmt Eis an der Wasseroberfläche und tiefere Seen frieren niemals am Grund zu. Man spricht auch von der Dichteanomalie des Wassers.
Wasserstoffbrückenbindungen in der DNA
Wir haben bereits kurz angesprochen, dass Wasserstoffbrückenbindungen auch innerhalb eines sehr großen Moleküls auftreten können und dabei die DNA als Beispiel genannt. Die DNA (Desoxyribonukleinsäure) ist im Prinzip ein einziges, riesiges Molekül – ein sogenanntes Makromolekül – in dem die gesamte Erbsubstanz eines Lebewesens gespeichert ist. Sie stellt gewissermaßen den biologischen Bauplan einer Spezies dar. Die menschliche DNA hat die Struktur einer Doppelhelix. Diese ergibt sich aus zwei ineinander verwundenen Strängen, die über sogenannte Basenpaare miteinander verknüpft sind. Die Kombination der vier Basen Adenin, Guanin, Thymin und Cytosin ist dabei bei jedem Menschen leicht unterschiedlich – wie der Fingerabdruck, der indirekt auch aus diesem Bauplan folgt. Man spricht deshalb auch vom genetischen Fingerabdruck eines Menschen.

Die interessante Chemie dabei: Die Verknüpfung der Basenpaare erfolgt über Wasserstoffbrückenbindungen. Die beiden Stränge der Doppelhelix sind über Wasserstoffbrücken aneinander gebunden. Das ist in der folgenden Abbildung noch einmal im Detail dargestellt.

Die Wasserstoffbrückenbindungen sorgen nicht nur für die Stabilität des DNA-Moleküls, sie ermöglichen es auch, die beiden Stränge der Doppelhelix voneinander zu trennen, um sie abzulesen, zu vervielfältigen und dann wieder zusammenfügen zu können. Ohne Wasserstoffbrückenbindungen gäbe es diesen reproduzierbaren Bauplan nicht und damit letztlich kein höher entwickeltes Leben auf der Erde!
Wasserstoffbrückenbindungen – weitere Beispiele und Auswirkungen
Neben Wasser $\left( \ce{H2O} \right)$ und DNA gibt es viele weitere Verbindungen, in denen Wasserstoffbrücken eine große Rolle spielen. Dies sind z. B. Fluorwasserstoff $\left( \ce{HF} \right)$, Ammoniak$\left( \ce{NH3} \right)$ und Chlorwasserstoff $\left( \ce{HCl} \right)$. Alkanole haben im Vergleich zu den Alkanen zwar ähnliche Molekülmassen, jedoch viel höhere Siedetemperaturen. Der Grund dafür liegt wiederum in den Wasserstoffbrückenbindungen, die zu einer Molekülvergrößerung (Clusterbildung) führen.
Das Leben auf der Erde, so wie wir es kennen, wäre ohne die Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen nicht denkbar. In Proteinen wird beispielsweise über Wasserstoffbrücken die $\ce{\alpha}$‑Helix‑Struktur stabilisiert. Wie bereits erwähnt, sind auch die komplementären Basenpaare in der Doppelhelix der DNA über schwache Wasserstoffbrückenbindungen miteinander verknüpft.
Die Wirkstoffe vieler Arzneimittel binden sich mittels Wasserstoffbrücken an die entsprechenden Zielstrukturen und entfalten so erst ihre Wirkung. Weiterhin ist die Löslichkeit von Sacchariden und Polymeren eine Folge dieser zwischenmolekularen Kräfte.
Unterschied zwischen Wasserstoffbrückenbindungen und Van-der-Waals-Kräften
Wasserstoffbrückenbindungen stellen einen Spezialfall der Dipol‑Dipol‑Wechselwirkungen dar. Manchmal werden diese zu den Van-der-Waals-Kräften gezählt, aber eigentlich sollten sie klar von diesen unterschieden werden. Dipol‑Dipol‑Wechselwirkungen und insbesondere Wasserstoffbrückenbindungen sind Wechselwirkungen zwischen permanenten Dipolen, also Molekülen, die ein permanentes Dipolmoment aufweisen, wie das bei Wasser $\left( \ce{H2O} \right)$ oder Fluorwasserstoff $\left( \ce{HF} \right)$ der Fall ist. Zwischen temporären oder induzierten Dipolen gibt es hingegen keine Wasserstoffbrücken. Die Anziehungskräfte, die zwischen diesen Arten von Dipolen auftreten, werden London-Kräfte (zwischen temporären und induzierten Dipolen) und Debye-Wechselwirkungen* (zwischen permanenten und induzierten Dipolen) genannt. Sie sind deutlich schwächer als Wasserstoffbrückenbindungen und Dipol‑Dipol‑Wechselwirkungen. Nur für diese schwächeren Wechselwirkungen sollte der Begriff Van-der-Waals-Kräfte verwendet werden, um Verwirrung zu vermeiden.
Das Wassermolekül – Paradebeispiel für die Wasserstoffbrückenbindung
Wasser ist das beste Beispiel für den großen Einfluss, den Wasserstoffbrückenbindungen auf die Eigenschaften eines Stoffes haben können. Obwohl Sauerstoff nicht das elektronegativste Element ist (sondern Fluor), haben die Wasserstoffbrückenbindungen in Wasser aufgrund der gewinkelten Struktur des Wassermoleküls eine besonders große Wirkung, wodurch sich Phänomene wie die Siedepunktserhöhung und die Dichteanomalie des Wassers hier besonders stark auswirken. Auch die besondere Bedeutung, die Wasser für das Leben auf der Erde hat, wäre ohne Wasserstoffbrückenbindungen nicht denkbar. Allerdings sollte hier noch einmal betont werden, dass es zwar keine Wasserstoffbrücken ohne Wasserstoff geben kann, aber sehr wohl welche ohne Wasser.
Ausblick – das lernst du nach Wasserstoffbrückenbindungen
Vertiefe dein Wissen mit Themen wie dem EPA-Modell und Intermolekulare Kräfte. Mit Bindungsarten im Vergleich erweitert sich dein Verständnis für molekulare Interaktionen.
Zusammenfassung der Wasserstoffbrückenbindung
- Wasserstoffbrückenbindungen sind zwischenmolekulare Wechselwirkungen.
- Eine Wasserstoffbrücke bildet sich zwischen einem in einem Molekül gebundenen Wasserstoffatom und einem stark elektronegativen Atom eines anderen Moleküls (bzw. dessen freiem Elektronenpaar) aus.
- Voraussetzung dafür ist, dass es sich bei den Molekülen um permanente Dipole handelt, wobei der Wasserstoff eine positive Partialladung und der elektronegativere Partner (z. B. Sauerstoff, Fluor oder Stickstoff) eine negative Partialladung trägt.
- Wasserstoffbrückenbindungen sind schwächer als kovalente Bindungen, spielen aber vor allem in Wasser eine sehr wichtige Rolle. Sie führen zu eine Siedepunktserhöhung und sind außerdem ein wesentlicher Grund für die Dichteanomalie des Wassers.
- Auch zwischen oder sogar innerhalb anderer Moleküle können Wasserstoffbrücken auftreten, die für uns sehr wichtig sind, z. B. in Proteinen oder im DNA-Molekül.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Wasserstoffbrückenbindung
Wann entstehen Wasserstoffbrückenbindungen?
Eine Wasserstoffbrückenbindung entsteht, wenn ein in einem Molekül gebundenes, positiv polarisiertes Wasserstoffatom in die unmittelbare Nähe eines negativ polarisierten, stark elektronegativen Atoms (bzw. dessen freiem Elektronenpaar) kommt. Dieses zweite Atom kann in einem anderen Molekül gebunden sein oder im selben Molekül, wenn es sich um ein sehr großes Molekül mit unterschiedlichen Ladungsschwerpunkten handelt.
Wie entsteht eine Wasserstoffbrückenbindung?
Kommen sich ein gebundenes, positiv polarisiertes Wasserstoffatom und ein negativ polarisiertes, stark elektronegatives Atom eines anderen Moleküls oder Molekülteils nahe, ziehen sich diese gegensätzlich geladenen Atome aufgrund der Coulombkraft an. Diese Anziehungskraft führt zur Bildung einer Wasserstoffbrückenbindung.
Welche Bedingungen müssen für Wasserstoffbrücken erfüllt sein?
In einem Molekül muss Wasserstoff gebunden und positiv polarisiert sein, d. h. eine positive Partialladung tragen. In einem anderen Molekül (oder Molekülteil) muss ein Atom eines deutlich elektronegativeren Elements (z. B. Sauerstoff, Fluor oder Stickstoff) gebunden und negativ polarisiert sein, also eine negative Partialladung tragen. Kurz gesagt müssen beide Moleküle permanente Dipole sein und es muss eine große Elektronegativitätsdifferenz zwischen dem Wasserstoffatom und dem elektronegativeren Atom des anderen Elementes geben.
Welche Moleküle können Wasserstoffbrückenbindungen bilden?
Wasserstoffbrücken treten zwischen Wassermolekülen $\left( \ce{H2O} \right)$ auf, aber auch zwischen den Molekülen von Fluorwasserstoff $\left( \ce{HF} \right)$ und Ammoniak $\left( \ce{NH3} \right)$. Außerdem gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, v. a. zwischen organischen Molekülen wie Alkanolen und Proteinen, in denen Sauerstoff oder Stickstoff (und natürlich Wasserstoff) gebunden ist.
Kann Ethanol Wasserstoffbrücken bilden?
Ja, da Ethanolmoleküle permanente Dipole sind und sowohl über positiv polarisierten Wasserstoff, als auch über negativ polarisierten Sauerstoff verfügen. Wasserstoffbrückenbindungen können sich damit sowohl zwischen einzelnen Ethanolmolekülen als auch zwischen Ethanol und Wasser (also in wässriger Lösung) ausbilder
Welche Atome können Wasserstoffbrückenbindungen eingehen?
Zum einen natürlich Wasserstoff $\left( \ce{H} \right)$ und zum anderen die Atome der Elemente Sauerstoff $\left( \ce{O} \right)$, Fluor $\left( \ce{F} \right)$, Stickstoff $\left( \ce{N} \right)$ und in abgeschwächter Form auch Chlor $\left( \ce{Cl} \right)$, denn das sind die Elemente mit der höchsten Elektronegativität.
Was braucht man für eine Wasserstoffbrückenbindung?
Man braucht zwei permanente Dipole, wobei in mindestens einem der beiden Wasserstoff in positiv polarisierter Form gebunden sein muss. Im anderen Dipol muss ein Atom eines deutlich elektronegativeren Elements gebunden und negativ polarisiert sein, z. B. Sauerstoff, Fluor oder Stickstoff. In der Regel verfügt dieses Atom über mindestens ein freies Elektronenpaar. Damit sich eine Anziehungskraft zwischen den beiden gegensätzlich geladenen Molekülteilen (und damit eine Wasserstoffbrücke) ausbildet, müssen sich die beiden Dipole außerdem sehr nahe kommen.
Welche Wasserstoffbrückenbindungen gibt es?
Es gibt Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Wasserstoff und Sauerstoff, Fluor, Stickstoff und in abgeschwächter Form auch Chlor. Bezogen auf funktionelle Gruppen in der organischen Chemie treten sie v. a. zwischen Alkoholen, Aldehyden, Carbonsäuren, Aminen und Amiden auf.
Was ist der Unterschied zwischen Wasserstoffbrückenbindungen und anderen Arten von chemischen Bindungen?
Chemische Bindungen bestehen zwischen Atomen innerhalb eines Moleküls oder einer Kristallstruktur wie einem Metallgitter oder einem Ionengitter. Wasserstoffbrückenbindungen treten nur zwischen Molekülen oder polarisierten Molekülteilen auf und zählen damit zu den zwischenmolekularen Wechselwirkungen. Sie sind deutlich schwächer als chemische Bindungen, zu denen Atombindungen, Ionenbindungen und Metallbindungen zählen.
Wo kommen Wasserstoffbrückenbindungen vor?
Wasserstoffbrückenbindungen kommen in stark polaren Verbindungen vor, die sich aus Wasserstoff und einem stark elektronegativen Element zusammensetzen, wie das beispielsweise in Wasser $\left( \ce{H2O} \right)$, Fluorwasserstoff $\left( \ce{HF} \right)$ und Ammoniak $\left( \ce{NH3} \right)$ der Fall ist. Sie können aber auch in vielen verschiedenen organischen Molekülen zwischen funktionellen Gruppen entstehen, die sich aus den genannten Elementen zusammensetzen, z. B. der Hydroxy- $\left( \ce{–OH} \right)$, der Carboxy- $\left( \ce{–COOH} \right)$ oder der Amino- $\left( \ce{–NH2} \right)$ Gruppe. Dabei können Wasserstoffbrücken auch zwischen den Molekülen dieser unterschiedlichen Stoffgruppen auftreten, was die Anzahl der Möglichkeiten noch einmal deutlich erhöht.
Warum sind Wasserstoffbrückenbindungen wichtig?
Wasserstoffbrücken sind insbesondere im Hinblick auf den Stoff Wasser wichtig, der unverzichtbar für das Leben auf der Erde ist. Viele der besonderen Eigenschaften des Wassers hängen direkt mit dem Auftreten der Wasserstoffbrücken zusammen, v. a. der für so ein kleines Molekül ungewöhnlich hohe Siedepunkt oder auch die Dichteanomalie des Wassers. Aber auch in der organischen Chemie, die ja den Aufbau aller Lebewesen ganz wesentlich bestimmt, sind Wasserstoffbrückenbindungen sehr wichtig. Sie geben vielen Proteinen ihre Struktur und auch das DNA-Molekül und dessen Funktion als Bauplan des Lebens wären ohne Wasserstoffbrücken nicht denkbar.
Können Ketone Wasserstoffbrücken ausbilden?
Ketone können zwar untereinander keine Wasserstoffbrücken ausbilden, da sie über keine polarisierten Wasserstoffatome verfügen, allerdings bilden sie in stark polaren Lösungsmitteln wie Wasser oder Ethanol sehr wohl Wasserstoffbrücken aus, da die polarisierten Wasserstoffatome der Wasser- bzw. Ethanolmoleküle das Sauerstoffatom bzw. die freien Elektronenpaare der Carbonyl- $\left( \ce{>C=O} \right)$ Gruppe anziehen.
Kann Chlor Wasserstoffbrücken bilden?
In abgeschwächter Form kann sich auch zwischen Wasserstoff $\left( \ce{H} \right)$ und Chlor $\left( \ce{Cl} \right)$ eine Wasserstoffbrückenbindung ausbilden. Bei der hierfür naheliegendsten Verbindung, Chlorwasserstoff $\left( \ce{HCl} \right)$, sind diese allerdings so schwach, dass man eher von Dipol‑Dipol‑Wechselwirkungen spricht. Es besteht hier ein fließender Übergang zwischen diesen beiden Formen der zwischenmolekularen Wechselwirkung.
Wo treten Dipol-Dipol-Kräfte auf?
Dipol-Dipol-Kräfte oder auch Dipol‑Dipol‑Wechselwirkungen treten zwischen permanenten Dipolen auf. Der Übergang bzw. die Unterscheidung zwischen Wasserstoffbrückenbindungen und Dipol‑Dipol‑Wechselwirkungen ist mehr oder weniger fließend, was beispielsweise die Verbindung Chlorwasserstoff $\left( \ce{HCl} \right)$ gut verdeutlicht, bei der man eher von Dipol‑Dipol‑Wechselwirkungen spricht als von Wasserstoffbrückenbindungen, obwohl Chlor $\left( \ce{Cl} \right)$ eine höhere Elektronegativität besitzt als beispielsweise Stickstoff $\left( \ce{N} \right)$, welcher in der Verbindung Ammoniak $\left( \ce{NH3} \right)$ Wasserstoffbrückenbindungen bildet. Für das Vorhandensein eines permanenten Dipols und auch für die Stärke des Dipolmoments ist nämlich auch die Molekülstruktur (also der räumliche Aufbau des Dipolmoleküls) entscheidend. Außerdem können Dipol-Dipol-Kräfte, anders als Wasserstoffbrücken, auch ohne die Beteiligung von Wasserstoff auftreten, z. B. in Verbindungen zwischen Halogenen $\left( \ce{F, Cl, Br, I} \right)$ und Kohlenstoff $\left( \ce{C} \right)$ in der organischen Chemie.
Wann liegen kovalente Bindungen vor?
Kovalente Bindungen sind chemische Bindungen, die zwischen den Atomen in einem Molekül bestehen, beispielsweise die beiden Bindungen zwischen Sauerstoff $\left( \ce{O} \right)$ und Wasserstoff $\left( \ce{H} \right)$ im Wassermolekül $\left( \ce{H2O} \right)$. Sie werden auch Atombindungen genannt, denn sie binden die Atome in einem Molekül über gemeinsame, bindende Elektronenpaare aneinander. Atombindungen treten in der Regel zwischen Nichtmetallen auf, aber es gibt auch einige Halbmetalle und Metalle, die kovalente Bindungen mit Nichtmetallen ausbilden können, z. B. Silicium $\left( \ce{Si} \right)$ in Silan $\left( \ce{SiH4} \right)$ oder Eisen $\left( \ce{Fe} \right)$ teilweise in verschiedenen Eisenoxiden $\left( \ce{FeO}, \ce{Fe2O3}, \ce{Fe3O4} \right)$.
Warum ist Wasser flüssig?
Wassermoleküle $\left( \ce{H2O} \right)$ sind sehr klein und haben eine geringe molare Masse. Trotzdem ist Wasser noch bis zum Siedepunkt bei $\pu{100 °C}$ (unter Normalbedingungen) flüssig, während vergleichbare Stoffe mit ähnlicher Molekülgröße und -masse längst gasförmig sind, z. B. der Stickstoff in der Luft $\left( \ce{N2} \right)$. Das liegt vor allem an starken zwischenmolekularen Wechselwirkungen wie den Wasserstoffbrückenbindungen, die die Wassermoleküle auch bei erhöhten Temperaturen noch zusammenhalten. Obwohl die Bindungsenergie der Wasserstoffbrücken deutlich kleiner ist als die der kovalenten Bindungen innerhalb der Moleküle, ist der Effekt dennoch stark genug, um einen so großen Unterschied auszumachen. Ohne Wasserstoffbrückenbindungen gäbe es kein flüssiges Wasser auf der Erde und damit kein Leben!