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Aufstieg Chinas zur Weltmacht

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Lerntext zum Thema Aufstieg Chinas zur Weltmacht

Der Aufstieg Chinas zur Weltmacht

Fragt man Menschen in westlichen Ländern, was ihnen zu China einfällt, bekommt man ganz unterschiedliche Antworten: chinesisches Essen oder Porzellan, eine jahrtausendealte Kultur, der letzte Kaiser, das Jahr des Drachen oder Kleidung und Konsumgüter made in China. Städte wie Schanghai oder Hongkong, Kommunismus, erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler, moderne Technologie, Börsenindizes und Reisfelder. Genaueres über die chinesische Geschichte und Kultur wissen die wenigsten. Das bevölkerungsreichste Land der Welt bleibt für viele eine unbekannte Größe.

Die Volksrepublik China ist heute nicht nur eine der bedeutendsten Wirtschaftsmächte der Welt, sondern gewinnt auch immer mehr an politischem Einfluss. Die alte Weltordnung, in der die Supermächte USA und UdSSR dominierten, ist längst von einer neuen multipolaren Weltordnung abgelöst worden, in der China eine bedeutende Rolle spielt. Ob als Handelspartner der Europäischen Union, als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats oder als Vorreiter neuer Technologien wie KI, Elektromobilität und erneuerbarer Energien – an China führt längst kein Weg mehr vorbei.

Das war vor 50 Jahren noch ganz anders. Als 1975 der chinesische Präsident und Vorsitzende der Kommunistischen Partei Chinas Mao Zedong verstarb, lag China wirtschaftlich weit hinter anderen Ländern zurück. Die Einführung der sozialistischen Planwirtschaft hatte nicht zu den erwarteten Erfolgen geführt. Bildung und Wissenschaft waren durch Maos Kulturrevolution weit in den Rückstand geraten und das Land war wirtschaftlich und kulturell von der westlichen Welt abgeschnitten. Unter Maos Nachfolgern wendete sich das Land schrittweise von einer sozialistischen Wirtschaftspolitik ab und hin zur Marktwirtschaft.

Die Öffnungspolitik unter Deng Xiaoping

In den Machtkämpfen nach Maos Tod setzte sich ab 1978 Deng Xiaoping als neue Führungspersönlichkeit durch. Seine neue Politik der wirtschaftlichen Öffnung und Reform prägte die kommenden Jahrzehnte. Deng Xiaoping propagierte die sogenannten Vier Modernisierungen: Landwirtschaft, Industrie, Verteidigung sowie Wissenschaft und Technik. Zu diesem Zweck wurden Land und Betriebe nach und nach privatisiert und dezentralisiert, um mehr Eigenverantwortlichkeit zu schaffen. Individuelle Leistung, Fachwissen und Bildung gewannen wieder an Bedeutung. Ausländische Investitionen wurden gefördert und in ausgewählten chinesischen Städten sogenannte Sonderwirtschaftszonen als neue Zentren des wirtschaftlichen Wachstums eingerichtet. 1979 besuchte Deng die USA und schloss ein Handelsabkommen mit dem damaligen Präsidenten Carter. China öffnete sich dem Weltmarkt und erschloss sich damit neue Exportmärkte und Möglichkeiten zum Import neuer Technologien.

Carter und Deng
Deng Xiaoping und Jimmy Carter

Dengs Reformen führten zu einem deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung und zu wachsendem Wohlstand, vor allem in den Städten. Die Kehrseite dieses Erfolgs waren allerdings zunehmende Korruption und soziale Ungleichheit, Ausbeutung von Arbeitskräften wegen des Fehlens von Arbeitsschutzbestimmungen und Umweltschäden durch die schnell wachsende Industrie.

Die Tian’anmen-Krise 1989 und ihre Folgen

Mit der wirtschaftlichen Öffnung war auch eine politische Öffnung einhergegangen. Die Kontakte zu den USA bildeten ein Gegengewicht zur vorherigen starken Abhängigkeit von der Sowjetunion, sodass China seine eigene Form des Sozialismus entwickeln konnte. Dazu gehörten auch ein flexiblerer Umgang mit der kommunistischen Ideologie, eine Überarbeitung der Verfassung und ein Abbau von Bürokratie.

Gegen Ende der 1980er-Jahre entwickelte sich in China eine immer stärker werdende Demokratiebewegung, vor allem unter Studenten und Intellektuellen. Sie protestierten gegen Korruption, Inflation und soziale Missstände, aber auch gegen die Einparteienherrschaft der Kommunistischen Partei und für Meinungs- und Pressefreiheit. Die Protestierenden versammelten sich im Mai 1989 am Tian’anmen-Platz, dem „Platz des Himmlischen Friedens“ in Peking. Teile der Bevölkerung, vor allem der Arbeiterschaft, und auch die chinesischen Medien begegneten den Protesten mit Sympathie. Die Parteiführung befürchtete einen Umsturz und setzte Anfang Juni Panzer der Armee gegen die Demonstranten ein. Bei der gewaltsamen Räumung des Platzes und weiteren Unruhen kamen vermutlich zwischen 500 und 1 500 Menschen ums Leben.

Chinesische Panzer in Peking
Chinesische Panzer in Peking

Mit der Tian’anmen-Krise endeten die politischen Reformen und die konservativen Kräfte innerhalb der Kommunistischen Partei setzten sich erneut durch. Im Anschluss an die Proteste kam es zu einer landesweiten Verhaftungswelle. Weitere Proteste und Kritik am Regime wurden streng unterdrückt. China blieb ein autoritärer Staat. Parallel dazu trieb die Parteiführung die Entwicklung der Marktwirtschaft weiter voran und förderte Konsum und Wohlstand. Ziel war eine entpolitisierte Gesellschaft unter der unangefochtenen Führung der Kommunistischen Partei.

Aufstieg der Marktwirtschaft in den 1990er- und 2000er-Jahren

Im Verlauf der 1990er-Jahre etablierte sich in China das marktwirtschaftliche System weiter. 1990 eröffneten die Börsen von Schanghai und Shenzhen. Die folgenden Jahre waren geprägt von Wirtschaftsaufschwung und technischem Fortschritt. Gleichzeitig verstärkte sich das Wohlstandsgefälle zwischen Stadt und Land und die Umweltschäden nahmen zu. Mit der Rückgabe der britischen Kronkolonie Hongkong an China im Jahr 1997 war ein Rückgang des europäischen Einflusses in Asien verbunden.

Vertiefung: Hongkong

Nach Deng Xiaopings Tod 1997 setzte sein Nachfolger Jiang Zemin die wirtschaftlichen Reformen fort. Staatsbetriebe wurden privatisiert und Handelsschranken abgebaut. Die „Going-out“-Initiative von 1999 förderte Investitionen chinesischer Firmen im Ausland. 2001 trat China der WTO (Welthandelsorganisation) bei. Die Förderung von Innovation und Technik sowie der Ausbau der Nachfrage im Inneren rückten immer stärker in den Fokus der chinesischen Wirtschaftspolitik.

Chinas wachsende globale Bedeutung seit 2010

Im Jahr 2010 überholte China Japan als Wirtschaftsmacht. Der neue Parteichef und Staatspräsident Xi Jinping (seit 2012) rief die sogenannte „Neue Seidenstraßen-Initiative“ (engl. Belt and Road Initiative) ins Leben: ein umfassendes Programm zum internationalen Ausbau von Handelswegen und Infrastruktur. Durch Kredite und Finanzierungshilfen fördert China vor allem in ärmeren Staaten in Asien, Afrika und Osteuropa den Bau von Häfen, Flugplätzen, Bahnlinien und anderen Infrastrukturprojekten und baut so ein weltweites Handelsnetzwerk auf.

Exkurs: die historische Seidenstraße

In immer mehr Bereichen gelingt es China, seinen wirtschaftlichen und technischen Vorsprung auszubauen, wie zum Beispiel auf dem Gebiet der Digitalisierung oder des Klimaschutzes. Projekte wie das chinesische Raumfahrtprogramm und die zunehmende Bedeutung der chinesischen Währung im internationalen Finanzgeschäft haben China als wichtigen Global Player etabliert. Der riesige chinesische Absatzmarkt ist für die westlichen Staaten mittlerweile unverzichtbar geworden und China ist als Handels- und Investitionspartner eine feste Größe.

Die wirtschaftliche Macht bringt auch politischen Einfluss und wachsende militärische Bedeutung mit sich. China versteht sich mehr und mehr als Weltmacht und beansprucht eine Mitgestaltung internationaler Fragen, vertritt aber offiziell eine Politik der Nichteinmischung. Dennoch beteiligt sich China an UN-Missionen und dem Kampf gegen Terrorismus. Der wachsende weltpolitische Einfluss Chinas ist auch aus deutscher und europäischer Sicht ein enorm wichtiges Thema für die Zukunft.

Die wesentlichen Kennzeichen Chinas als Weltmacht sind …

  • Wirtschaftliche Stärke, z. B. auf dem Finanzmarkt
  • Technische Stärke, z. B. bei der Digitalisierung und der Raumfahrt
  • Politische Stärke, z. B. durch den ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat

Menschenrechte in China

Regierungen und Unternehmen, die mit China kooperieren, sehen sich immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, damit Menschenrechtsverletzungen zu unterstützen. Tatsächlich waren und sind vor allem die individuellen Freiheitsrechte, wie Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit, in China durch die Herrschaft der Kommunistischen Partei stark eingeschränkt.

Menschenrechtsorganisationen berichten immer wieder von Presse- und Medienzensur. So wird auch der Internetzugang durch die staatliche Cyberspace Administration streng kontrolliert. Die meisten westlichen Plattformen und Dienste werden durch die Great Firewall of China blockiert und durch eigene systemkonforme Angebote ersetzt. Regimekritische Berichterstattung ist nicht erwünscht und wird durch Haftstrafen unterbunden. Auch Bildung, Kunst und Literatur unterliegen der staatlichen Zensur, die zum Beispiel LGBTQ-freundliche Inhalte als unmoralisch untersagt. Westliche Medien müssen sich diesen Vorgaben beugen, um nicht zensiert oder blockiert zu werden.

Die chinesische Regierung nutzt moderne Technologien zum Nutzertracking und der Sammlung von Daten sowie Überwachungstechnologien wie Gesichtserkennung. Das 2014 eingeführte „Sozialkreditsystem“ wird allerdings in erster Linie zur Betrugsbekämpfung im Handel eingesetzt. Dennoch genießen chinesische Bürgerinnen und Bürger kaum Schutz vor Eingriffen der Regierung in ihre Persönlichkeitsrechte. Haftstrafen, Folter und Todesstrafe sind wirksame Druckmittel.

Religiöse Minderheiten wie die vorwiegend muslimische uigurische Bevölkerungsgruppe in der Provinz Xinjiang werden unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung in Umerziehungslagern festgehalten und zur Zwangsarbeit verpflichtet. In Hongkong werden Proteste gegen die immer autoritärer werdende chinesische Herrschaft zunehmend mit Gewalt niedergeschlagen. Die Menschenrechtslage in China ist insgesamt als mangelhaft einzustufen.

Der Aufstieg Chinas zur Weltmacht – Zusammenfassung

  • Chinas wirtschaftlicher Aufstieg begann mit der Öffnungspolitik unter Deng Xiaoping ab 1978. Durch wirtschaftliche Reformen und eine Öffnung zum Handel mit dem Westen leitete er eine Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs ein.
  • Die parallel eingeleiteten politischen Reformen fanden ein Ende mit der Tian’anmen-Krise 1989 und der gewaltsamen Niederschlagung der Studentenproteste.
  • In den Folgejahren baute China die Marktwirtschaft weiter aus und unterdrückte gleichzeitig politischen Widerstand gegen das kommunistische Regime.
  • Aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke ist China heute auch politisch zur Großmacht geworden und übt erheblichen Einfluss vor allem im globalen Süden aus.
  • Trotz seiner Hinwendung zum Kapitalismus bleibt China ein autoritärer Staat, in dem es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen kommt.
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