Theodor Storms Novelle wurde intensiv recherchiert, um historische Fakten über Deiche genau einzubinden. Der Autor konzipierte die Figur Hauke Haien mit größter Präzision. Tauche tiefer in die Entstehung und den Schreibstil von Theodor Storm ein! Interessiert? Dies und vieles mehr findest du im folgenden Text.
Der Schauplatz des Schimmelreiters ist ein kleiner Ort in der Nähe der Küste, ähnlich zu Husum, wo der Schriftsteller Theodor Storm aufwuchs. Aus diesem Grund fiel es dem Autor sicherlich nicht schwer, die Figuren und Orte detailreich zu beschreiben.
Wann wurde das Buch Der Schimmelreiter geschrieben? Die Arbeiten für den Schimmelreiter begannen im Jahr 1885. Zu diesem Zeitpunkt war Theodor Storm bereits pensioniert und übte seinen Hauptberuf als Rechtsanwalt nicht mehr aus. Der eigentliche Schreibprozess begann aber erst ein Jahr später. Tatsächlich beschäftigte sich Theodor Storm nicht weniger als drei Jahre mit der Recherche für sein Werk und informierte sich dabei ausgiebig über das Deichwesen, indem er beispielsweise über historische Deichspezialisten las. Diese Informationen halfen ihm unter anderem, die Figur des Hauke Haien zu konzipieren. Neben seinen Recherchen in Büchern besuchte er auch Fachmänner vor Ort und ließ sich von ihnen alle Details des Deichbaus zeigen. Somit wurde er schrittweise selbst zum Experten für Deiche, weswegen er den Handlungsort der Geschichte so genau beschreiben konnte.
In der folgenden Tabelle siehst du eine Übersicht über den Entstehungsprozess:
Jahr
Schreibprozess und Veröffentlichung
1885
Beginn der Recherchen
1886
Beginn des Schreibprozesses
1887
Unterbrechung durch schwere Krankheit (Magenkrebs)
April/Mai 1888
Abdruck in einer Zeitschrift, in zwei Folgen
Herbst 1888
Veröffentlichung der Buchausgabe (posthum – nach dem Tod Theodor Storms an seiner Krankheit)
In einem Brief an einen Freund äußerte Theodor Storm bereits 1886 seine Bedenken und seine Furcht hinsichtlich der Thematik der „Deichnovelle“, wie er sie nannte. Doch warum fürchtete sich Storm? War es die aufwendige Recherche oder das Unheimliche in der Geschichte?
Neben den bereits genannten Quellen verwendete Theodor Storm ebenso Sagen aus seiner Heimat. Außerdem orientierte er sich an der Danziger Sage Der gespenstische Reiter. Auch in dieser Erzählung geht es um einen Deichfachmann, der trotz aller Bemühungen und Vorbereitungen einen Bruch des Deiches nicht verhindern kann. Seine Schuld treibt ihn in den Selbstmord und er stürzt sich mit seinem Pferd vom Deich ins Wasser. Seither erscheint er den Stadtbewohnenden, wenn ihnen Gefahr droht. Trotz der vielen Gemeinsamkeiten zwischen dieser Sage und der Novelle Storms hat der Autor viele Details frei erfunden. So stammt auch die Bezeichnung „Schimmelreiter“ allein von ihm.
Welche weiteren wissenswerten Fakten gibt es über den Autor von Der Schimmelreiter ?
Theodor Storms Leben und literarisches Wirken
Untersucht man die Entstehung von Storms Novelle Der Schimmelreiter, so liefert dessen Biografie wichtige Details, die für die Einordnung des Werks aufschlussreich sind. Im Folgenden findest du wichtige Informationen im Steckbrief zu Theodor Storm zusammengefasst:
Sein Schreibstil ist typisch für dieLiteraturepochedes poetischen Realismus (ca. 1848–1890), dem die Erzählung Der Schimmelreiter zugerechnet werden kann. Ein weiteres wesentliches Merkmal des Realismus ist der Versuch, die sprachliche Wirklichkeit so genau wie möglich wiederzugeben. So verwendete Storm in seiner Novelle unter anderem Plattdeutsch und viele Wörter, die für die Region der Nordseeküste charakteristisch sind. Damit auch Leute aus anderen Teilen Deutschlands diese Ausdrücke verstehen konnten, verfasste der Schriftsteller eine zusätzliche Liste mit Worterklärungen für die Buchausgabe.
Und was verrät ein Blick in die Geschichte? In der Zeit, als Theodor Storm geboren wurde, gehörte seine Geburtsstadt Husum zum Herzogtum Schleswig, das damals noch von dem dänischen König regiert wurde. Doch im Zuge der deutschen Nationalbewegung kämpften die Herzogtümer Schleswig und Holstein in den Jahren 1848 bis 1851 zunächst vergeblich um ihre Unabhängigkeit. Auch Storm sprach sich für die Loslösung Schleswigs und Holsteins von der dänischen Herrschaft aus und musste deshalb im Jahr 1853 ins preußische Exil emigrieren. Nach elf Jahren, im Jahr 1864, kehrte der Autor schließlich in seine Heimatstadt zurück, die nun nicht länger durch den dänischen König besetzt war. Die endgültige Gründung der Provinz Schleswig-Holstein erfolgte im Jahr 1867. Ab 1871 gehörte sie dann zum neu gegründeten Deutschen Reich.
Die große Sturmflut, die Theodor Storm für seinen Schimmelreiter verwendete, gab es wirklich. Sie ereignete sich bereits im Jahr 1756. Storm las in einem Bericht über diese Katastrophe und wählte sie für das tragische Ende seiner Novelle aus.
Häufig gestellte Fragen zum Thema Der Schimmelreiter – Entstehung
Der Prozess der Entstehung von „Der Schimmelreiter“ ist sehr lang. Theodor Storm wollte die Figuren und Orte in seiner Novelle möglichst genau beschreiben und unternahm dafür umfangreiche Recherchen.
Da Theodor Storm viele seiner Beschreibungen in der Novelle an realen Figuren, Orten und Begebenheiten angelehnt hat, ist der historische Hintergrund in diesem Zusammenhang relevant.
Die Novelle ist in drei Erzählebenen unterteilt. Es gibt eine doppelte Rahmenhandlung:
In der äußeren Rahmenhandlung erzählt der Ich-Erzähler über eine Geschichte, die er vor mehr als 50 Jahren gelesen hat. In der inneren Rahmenhandlung berichtet ein Reisender in einem Wirtshaus von der Begegnung mit einer unheimlichen Reitergestalt, die ihm bei einem Ritt über den Deich begegnet ist. Beide Rahmenhandlungen spielen im 19. Jahrhundert.
Außerdem erzählt der anwesende Schulmeister vom Leben des Hauke Haien und dem sagenumwobenen Schimmelreiter. Dies bildet die Binnenerzählung, die im 18. Jahrhundert spielt.
„Vor der Deichnovelle habe ich einige Furcht“, schrieb Theodor Storm 1886 an einen Freund. Wovor er sich wohl gefürchtet hat? Vor der aufwendigen Recherche, die vor ihm lag? Oder hat das Unheimliche der Geschichte ihm Angst gemacht?
Theodor Storm wurde 1817 in Husum geboren und hat später überwiegend dort gelebt. Husum liegt an der Nordseeküste. Den Schauplatz seiner Schimmelreiter-Novelle hat Storm also von Kindesbeinen an aus eigener Erfahrung gekannt.
So verwundert es nicht, dass Storm die Landschaft und die Leute sehr detailreich schildern konnte. Diese Genauigkeit ist typisch für den literarischen Realismus, dem der Schimmelreiter zugeordnet wird. So versuchten die Schriftsteller des Realismus wie Theodor Storm, Gottfried Keller und Theodor Fontane die tatsächlichen Verhältnisse in der Gesellschaft detailgetreu darzustellen. Storm versucht auch, die sprachliche Wirklichkeit wiederzugeben. So verwendet er zum Teil Plattdeutsch und flicht viele ortstypische Wörter ein: Koog, Priel oder Haff zum Beispiel.
Husum, ist das nicht Norddeutschland? Naja, fast: Bei Theodor Storms Geburt gehörte Husum zum Herzogtum Schleswig. Da herrschte der dänische König. Als Storm erwachsen war, kämpften Schleswig und Holstein für ihre Unabhängigkeit. Doch sie erreichten sie nicht. Auch Storm war für die Loslösung vom dänischen König und musste deshalb 1853 ins preußische Exil emigrieren. Elf Jahre später herrschte der dänische König nicht mehr und Storm konnte in seine Heimatstadt zurückkehren. 1867 eroberten die Preußen die beiden Gebiete und gründeten die Provinz Schleswig-Holstein. Sie gehörte ab 1871 zum neu gegründeten Deutschen Reich.
Als Storm 1885 seine Arbeiten für den Schimmelreiter aufnahm, war der ehemalige Rechtsanwalt schon fünf Jahre lang pensioniert. „Jetzt aber rührt sich ein alter mächtiger Deichsagenstoff in mir, und da werde ich die Augen offen halten; aber es gilt vorher noch viele Studien!“ schrieb Storm an einen Freund.
Und wirklich lagen drei Jahre Arbeit vor ihm. Storm vertiefte sich in Bücher über das Deichwesen. Er las über historische Deichspezialisten, einige von ihnen dienten ihm als Vorbild für Hauke Haien. Doch Storm recherchierte nicht nur in seiner Stube. Er ging auch zu Deich-Fachmännern und ließ sich vor Ort alles zeigen und erklären. Am Ende seiner Recherchen äußerte er im Scherz, jetzt könnte er bald selber einen Deich bauen.
Auch die große Sturmflut von 1756 gab es tatsächlich. Storm las in einem Bericht über sie und verwendete sie als tragisches Ende für den Schimmelreiter und seine Familie.
Als weitere Quelle zog Storm die alten Sagen seiner Heimat heran. Die wichtigste Sage fand er dabei in der Region Danzig: Sie heißt „Der gespenstische Reiter“. In ihr wird von einem Deichverantwortlichen erzählt. Er ist sehr tüchtig und kann dennoch einen Deichbruch nicht verhindern. Weil er sich schuldig fühlt, stürzt er sich mitsamt Pferd ins Wasser. Seither erscheint er, wenn Gefahr droht. Auch die Rahmenhandlung des Reisenden, der bei schlechtem Wetter in einem Gasthaus einkehrt und dem die Geschichte erzählt wird, findet sich in der Sage. Allerdings ist die ganze Sage sehr kurz.
Den genauen Lebenslauf des Hauke Haien, seine feine Charakterschilderung und all die detaillierten Geschehnisse hat Storm erfunden. Auch die Bezeichnung, die auch du bestimmt nicht so schnell vergisst, stammt von ihm: Der Schimmelreiter.
Storm schrieb ab Sommer 1886 an seiner Novelle. Er wurde jedoch krank und musste die Arbeit unterbrechen. 1887 wurde bei ihm Magenkrebs diagnostiziert. Seine Familie ließ ihn nochmals untersuchen und erfand eine Notlüge: Er habe doch nur eine harmlosere Krankheit. Vielleicht dank dieser Notlüge, vielleicht aus eigenem Schaffenstrieb konnte Storm wieder weiterschreiben und beendete das Manuskript im Februar 1888.
Der Schimmelreiter wurde zwei Monate später in einer Zeitschrift in zwei Folgen abgedruckt. Storm erstellte noch eine Liste mit Worterklärungen für die Buchausgabe. Er erklärte allen Leuten, die nicht an der Nordseeküste lebten, was die einzelnen Begriffe wie Koog oder Priel bedeuteten. Als das Buch im Herbst 1888 erschien, war Storm jedoch bereits seinem Magenkrebs erlegen.
Storms Furcht vor dem Schreiben seiner Novelle war unbegründet. Sie hat nicht nur seine Zeitgenossen begeistert, auch heute reißt sie noch Leser und Leserinnen mit. Doch bei allem Verstand Hauke Haiens: Etwas Unheimliches lassen der Schimmelreiter und das gewaltige Meer dennoch zurück.
Weißt du, woher Theodor Storm stammt und wo er aufgewachsen ist? Du erfährst es in diesem Video. Seine Heimatstadt hat nämlich einiges mit dem Schauplatz des "Schimmelreiters" zu tun. Dabei gehörte sie bei Storms Geburt zu einem andern Land als bei seinem Tod. Du lernst auch, zu welcher literaturgeschichtlichen Epoche Storms berühmte Novelle gehört und wo er seinen Stoff gefunden hat. Außerdem wird dir verraten, woher Theodor Storm so ungeheuer viel über den Deichbau wusste. Film ab!
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Hallo Sehr gutes Video!!!
super und verständliche Erklärung