Am 12. September 1888 wird in einem ärmlichen Vorort von Paris Maurice Chevalier geboren. Er ist der dritte Sohn eines ständig betrunkenen Anstreichers, der eines Abends vergisst, nach Hause zurückzukehren. Die Mutter bügelt und näht Wäsche für andere Leute in den zwei Zimmern über der Rue Lacroix, wo sie wohnen. Die Schule von Maurice ist die Straße. Bereits mit zwölf Jahren produziert er sich als Chansonnier auf der Bühne eines Konzertcafés neben dem Tabakladen an der Ecke. Als Gassenjunge mit einer rosa Masche und einem kleinen Frack präsentiert er sich unter dem Namen “Patapouf”. Er singt die Lieder der Trottoirs, die mit Zweideutigkeiten gewürzt sind und imitiert die Berühmtheiten der Pariser Varietés. Mit fünfzehn Jahren debütiert er in Le Havre und Amiens, aber der Erfolg in den Straßenkneipen befriedigt Maurice nicht. Er will in besseren Lokalen auftreten. Der kleine Chevalier ist ein intelligenter Bursche, hat eine hohe Auffassungsgabe und versteht bald, dass die Straße nach dem Moulin Rouge und dem Folies Bergere nicht über den Kasernenhofhumor führt. Da man ein elegantes Klischee braucht, um die Stadt der Lichter zu gewinnen, macht er aus sich das Musterbild eines Parisers, ein bisschen hinterhältig, ein bisschen maliziös, aber jedenfalls schick. Maurice Chevalier singt nun Lieder, die, wie er selber sagt, eine Mischung aus Tricks, Tanz und Komödie sind. Mit Mistinguett, der berühmtesten Chansonsängerin Europas, arbeitet er fünf Jahre lang. Sie macht ihn in der ganzen Welt bekannt. Chevalier, ein bisschen weich und auch ein bisschen Kanaille, wird von den Frauen ebenso angebetet wie von den Impresarios aus London, Paris und New York. Im Jahr 1927 heiratet er eine unbekannte Schauspielerin, Yvonne. Die Ehe dauert sieben Jahre. Als sie zerbricht, ist Chevalier entschlossen, nie mehr zu heiraten. Allerdings werden ihm viele Affären zugeschrieben, darunter mit Marlene Dietrich und seiner Partnerin Jeanette MacDonald. Der begehrte Sänger arbeitet ebenso für die Operette wie für das Kino. In der Inszenierung der “Lustigen Witwe” von Ernst Lubitsch spielt er den Danilo. 1947 dreht er unter René Clair “Schweigen ist Gold“, seinen besten Film. Der Erfolg und das Geld genügen Chevalier aber nicht, ja nicht einmal die Frauen. Seine Ambitionen gehen nach Höherem. Er sucht seine Freunde ebenso sorgfältig aus wie die Literatur, die er liest, entdeckt die Klassiker, insbesondere den Philosophen Montaigne. Als man Chevalier zum Ritter der Ehrenlegion ernennt, ist er sechzig Jahre alt und beginnt Schriftsteller zu werden. In zehn Bänden erzählt er die Geschichte seines Lebens. 1968 sagt der Mann, der mit Schlagern wie “Mimi“ und “Thank Heaven for Little Girls“ Welterfolge gefeiert hat, der Bühne Adieu. Maurice Chevalier, die perfekteste Verkörperung des Bon Vivants, stirbt am 1. Januar 1972 in Paris.