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Prosa der Neuen Sachlichkeit

Die Neue Sachlichkeit war eine ästhetische Strömung in den 1920er- und 1930er-Jahren, die das Alltagsleben objektiv und emotionslos darstellte. Entdecke die realistische Prosa, die Kritik am Zeitgeschehen übt. Interessiert? Dies und vieles mehr findest du im folgenden Text!

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Lerntext zum Thema Prosa der Neuen Sachlichkeit

Die Neue Sachlichkeit – zeitgeschichtlicher Hintergrund

Die Neue Sachlichkeit war eine ästhetische Strömung in den 1920er- und 1930er-Jahren des letzten Jahrhunderts, die sich in verschiedenen Künsten, beispielsweise der Literatur, der Malerei oder der Architektur, zeigte.

Die geschichtliche Epoche der Weimarer Republik verlief zeitgleich zur Neuen Sachlichkeit, weshalb die Herausforderungen der Weimarer Republik die Themen und die Sprache dieser literarischen Strömung beeinflussten.

Die Bevölkerung erlebte die Instabilität der ersten Republik auf deutschem Boden, eine kurze Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs, die sogenannten Goldenen Zwanziger und eine daran anschließende Zeit der Turbulenzen, geprägt durch die Weltwirtschaftskrise ab dem Jahr 1929 sowie die Machtübernahme durch die Nationalsozialistische Partei Deutschlands (NSDAP).

Die Neue Sachlichkeit – Prosa als Schwerpunkt

Die Auswirkungen der Weimarer Republik hatten erheblichen Einfluss auf die Literatur. Hauptschwerpunkt der Neuen Sachlichkeit war der nüchterne und sachliche Schreibstil, der das Alltagsleben der Menschen objektiv und emotionslos dokumentieren sollte. Dies gelang am besten mit erzählerischen Texten, weshalb die Prosa zur vorrangigen Gattung in der Neuen Sachlichkeit wurde.

Dabei orientierten sich die Verfassenden u. a. an den Reportagetechniken des Journalismus. Neben Artikeln und Aufsätzen bezogen sie in ihre Werke auch gerne Alltagsdokumente ein. Diese Art des Einfügens anderer Textsorten wird als Montage bezeichnet und diente u. a. der realistischen Darstellung des Alltagslebens.

Außerdem wurden die Texte nicht mehr nur für einen ausgewählten Kreis verfasst, sondern waren für die gesamte Bevölkerung vorgesehen. Daher wählten die Autorinnen und Autoren der Neuen Sachlichkeit in ihren Erzählungen eine leicht verständliche Alltagssprache.

Ziele der Neuen Sachlichkeit waren neben der Darstellung der realen Wirklichkeit auch das Üben von Kritik am aktuellen Zeitgeschehen. Neben den Kriegsfolgen hatten viele Menschen auch mit den Auswirkungen der fortschreitenden Industrialisierung zu kämpfen (z. B. Armut, Entmutigung, Isolierung).

Die Kernpunkte der Neuen Sachlichkeit waren:

  • der objektive Blick auf das Alltagsleben,
  • die Montagetechnik,
  • die Ansprache der gesamten Bevölkerung,
  • eine leicht verständliche Erzählweise sowie
  • die Darstellung von Kritik.

Da diese Punkte am besten durch die Gattung Prosa bedient werden konnten, entstanden in der Neuen Sachlichkeit vor allem Romane und weniger lyrische oder dramatische Texte. Die Ausnahme bildeten die sogenannte Gebrauchslyrik, in der eine einfache Sprache, oftmals mit kritischen Hinweisen durchsetzt, vorherrschte sowie das gegen Ende der Strömung entstandene epische Theater.

Die Neue Sachlichkeit – verschiedene Romantypen

Zahlreiche Romane wurden während dieser Zeit in unterschiedlicher Form verfasst:

  • In sogenannten Industrie- und Großstadtromanen wurden die Missstände der Großstädte und des technischen Fortschritts kritisch beleuchtet.
  • In dem neuen Genre des Angestelltenromans wurde auf das Alltagsleben von Angestellten eingegangen, deren Anzahl in dieser Zeit erheblich anstieg.
  • Zur Enthüllung der Schrecken des Ersten Weltkriegs wurde eine Vielzahl von Antikriegsromanen geschrieben, die nicht mehr die Helden des Kriegs, sondern die Gräueltaten des Kriegs und deren Folgen thematisierten.
  • Die meisten Werke der Neuen Sachlichkeit können auch dem Romantyp Zeitroman zugeordnet werden, da sie politische und gesellschaftliche Ereignisse dieser Zeit aufgreifen.

Die Neue Sachlichkeit – Autorinnen und Autoren sowie Beispielwerke

Die nachstehende Übersicht fasst die wichtigsten Werke nach Romantypus geordnet zusammen. Danach werden verschiedene Vertreterinnen und Vertreter der Neuen Sachlichkeit im Detail vorgestellt.

Industrie- und Großstadtroman Angestelltenroman Antikriegsroman
Berlin Alexanderplatz (1929) von Alexander Döblin Die Angestellten (1930) von Siegfried Kracauer In Stahlgewittern (1920) von Ernst Jünger
Fabian (1931) von Erich Kästner Gilgi – eine von uns (1931) von Irmgard Keun Jahrgang 1902 (1928) von Ernst Glaeser
Union der festen Hand (1931) von Erik Reger Kleiner Mann, was nun? (1932) von Hans Fallada Im Westen nichts Neues (1928) von Erich Maria Remarque

Alfred Döblin
Alfred Döblin (1878–1959) beschrieb in seinem Werk Berlin Alexanderplatz (1929) die komplexen Herausforderungen des Großstadtlebens in Berlin Ende der 1920er-Jahre. Der Protagonist Franz Biberkopf sucht nach einem Gefängnisaufenthalt den Weg zurück in ein ehrliches Leben.

In diesem Roman wird die Montagetechnik deutlich sichtbar: Alfred Döblin mischte verschiedenste Textformen und Sprachstile zu einem beeindruckenden Gesamtwerk. Fachsprache wechselt mit Ganovensprache ab, Ausschnitte aus Liedern und inneren Monologen zeigen die Vielfalt der Textformen auf, Berlinerisch steht einer normalen Umgangssprache gegenüber.

Erik Reger
Erik Reger (1893–1954) zeichnete in seinem Industrie- und Zeitroman Union der festen Hand (1931) ein Porträt des Ruhrgebiets der 1920er- und 1930er-Jahre. Es zeigt das Leben von Arbeitern, Angestellten und den einflussreichen Unternehmern der Stahlindustrie auf.

In seinem Roman band Erik Reger seine zuvor in Tageszeitungen veröffentlichten Aufsätze und Artikel ein und verfasste so ein authentisches Werk der damaligen Zeit.

Irmgard Keun
Mit zwei Romanen in Folge schuf Irmgard Keun (1905–1982) zwei wichtige Werke, die den damaligen Wandelprozess der Frauen hin zu Freiheit und Unabhängigkeit durch einen eigenen Beruf beschreiben.

In Gilgi – eine von uns (1931) versucht die Protagonistin, sich selbstständig durch das Leben zu schlagen. Dies gelingt ihr, bis sie sich verliebt und sich der Liebe hingibt. Als sie jedoch schwanger wird, nimmt sie ihr Leben erneut selbst in die Hand.

Auch in diesem Roman fand die Montagetechnik ihre Anwendung. Beispielsweise wurden verschiedene Sprachstile zusammengetragen. Der Kölner Dialekt der Adoptiveltern trifft auf das Bürodeutsch aus ihrem Arbeitsalltag. Außerdem finden sich Filmzitate sowie Ausschnitte aus Liedern in dem Werk.

In Irmgard Keuns zweitem Werk Das kunstseidene Mädchen (1932) erzählt ein 18-jähriges Mädchen in Tagebuchform von ihren Träumen, ein glanzvolles Leben zu führen. In ihrem Leben trifft Doris viele Männer und sucht bei ihnen nach Geld und Liebe. Sie wird jedoch nicht fündig. Auch ein Umzug nach Berlin ändert daran nichts.

Beide Romane gelten als Großstadt-, Frauen- und Zeitromane.

Erich Maria Remarque
Erich Maria Remarques (1898–1970) Werk Im Westen nichts Neues (1928) ist einer der bekanntesten Romane der Neuen Sachlichkeit. Der Protagonist Paul Bäumer meldet sich nach seinem Schulabschluss freiwillig als Soldat im Ersten Weltkrieg. Dort erlebt er die schrecklichen Gräueltaten des Kriegs und verliert einen Freund nach dem anderen. Kurz vor Kriegsende wird er an einem vermeintlich ruhigen Tag selbst tödlich verwundet.

Wie bei einer Reportage berichtet Erich Maria Remarque von den Schrecken des Kriegs. Der Schreibstil lässt die Lesenden unmittelbar und schonungslos am Geschehen teilhaben. Die Sinnlosigkeit des Kriegs sowie die traumatischen Erlebnisse einer ganzen Generation junger Männer werden deutlich.

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