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Großstadtlyrik

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Die Autor*innen
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Tim Weichselfelder
Großstadtlyrik
lernst du in der 8. Klasse - 9. Klasse - 10. Klasse

Grundlagen zum Thema Großstadtlyrik

Was ist Großstadtlyrik?

Im Zeitalter der Industrialisierung gewannen Städte mehr und mehr an Bedeutung. Die Dampfmaschine ermöglichte eine schnellere Produktion von Gütern und in den Fabriken wurden viele neue Arbeitsplätze geschaffen. Die im 19. Jahrhundert aufgekommene Verstädterung führte zu massiven Wanderbewegungen vom Land in die Stadt und zu einem rapiden Anwachsen der Städte. So entstanden die ersten Großstädte. Heute lebt ungefähr die Hälfte aller Menschen dieser Welt in Städten oder Metropolen.

Die Veränderungen der Lebensweise führten zu großen Herausforderungen durch Schmutz, Armut und Krankheit. Dies bewirkte sehr unterschiedliche Reaktionen in der Gesellschaft sowie in der Literatur. Viele Dichterinnen und Dichter hielten ihre Gefühle und Gedanken gegenüber den Neuerungen in Gedichten fest. Derartige Gedichte, die die vielen Facetten der Großstadt zum Thema haben, sind heute bekannt als Großstadtlyrik.

Großstadtlyrik Merkzettel

Großstadtlyrik des Naturalismus

Die deutschsprachige Großstadtlyrik entwickelte sich im Naturalismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Der Naturalismus schloss an den Realismus mit seinen genauen, der Natur und den Wissenschaften entnommenen Beschreibungen an. Aufgrund des gesellschaftlichen Wandels wurden die städtischen Herausforderungen – also auch hässliche Momente – aufgenommen. Der Naturalismus gab nun ebenfalls die Verstädterung, das Elend, die Armut sowie die Macht der Maschinen wieder. Ein Beispiel für die Großstadtlyrik des Naturalismus ist der nachfolgende Ausschnitt aus dem Gedicht „Großstadtmorgen” von Arno Holz aus dem Jahre 1886:

Die letzten Sterne flimmerten noch matt,
ein Spatz versuchte früh schon seine Kehle,
da schritt ich müde durch die Friedrichstadt,
bespritzt von ihrem Schmutz bis in die Seele.

Großstadtlyrik des Expressionismus

Ihren Höhepunkt erlebte die Großstadtlyrik im Expressionismus. Die Massenzuwanderung und Technisierung waren Entwicklungen, die zu zunehmenden Problemen wie Massenarmut oder Identitätsverlust führten. Der Mensch fühlte sich nur noch als Produktionsmaschine der großen Fabriken. Die gleichmachenden Armenviertel förderten diese Entwertung des Menschlichen. Der Erste Weltkrieg mit seinem entsetzlichen Ausmaß an Toten verschärfte diese Gefühle.

Gegen diese Entwicklungen schrieben die Lyrikerinnen und Lyriker des Expressionismus an. Dabei bedienten sie sich einer Sprache, die ihre Gefühle und Gedanken auf neue und kreative Weise ausdrückte. Die Kritik an der Großstadt wird besonders gut in Georg Heyms expressionistischem Gedicht „Die Stadt” aus dem Jahre 1911 deutlich:

Sehr weit ist diese Nacht. Und Wolkenschein
Zerreißet vor des Mondes Untergang.
Und tausend Fenster stehn die Nacht entlang
Und blinzeln mit den Lidern, rot und klein.

Wie Aderwerk gehn Straßen durch die Stadt,
Unzählig Menschen schwemmen aus und ein.
Und ewig stumpfer Ton von stumpfem Sein
Eintönig kommt heraus in Stille matt.

Gebären, Tod, gewirktes Einerlei,
Lallen der Wehen, langer Sterbeschrei,
Im blinden Wechsel geht es dumpf vorbei.

Und Schein und Feuer, Fackeln rot und Brand,
Die drohn im Weiten mit gezückter Hand
Und scheinen hoch von dunkler Wolkenwand.

Großstadtlyrik der Gegenwart

Auch heute werden die ambivalenten Reaktionen auf die Großstadt häufig in lyrischen Texten, wie zum Beispiel in Liedern, festgehalten. So singt der deutsche Musiker Peter Fox in dem Song „Schwarz zu blau” (2008) von der Hassliebe zur Großstadt Berlin:

Guten Morgen Berlin,
Du kannst so hässlich sein, so dreckig und grau,
Du kannst so schön schrecklich sein,
Deine Nächte fressen mich auf,
Es wird für mich wohl das Beste sein
ich geh' nach Hause und schlaf' mich aus,
Und während ich durch die Straßen lauf'
wird langsam schwarz zu blau.

Ich bin kaputt und reib' mir aus
meinen Augen deinen Staub,
Du bist nicht schön und das weißt du auch,
Dein Panorama versaut,
Siehst nicht mal schön von Weitem aus,
doch die Sonne geht gerade auf,
Und ich weiß, ob ich will oder nicht,
dass ich dich zum Atmen brauch'.

Was ist typisch für die Großstadtlyrik?

Die charakteristischen Motive der Großstadtlyrik sind in der folgenden Tabelle aufgelistet:

Motive
Technik und Industrie
Krankheit und Verfall
Anonymität und Einsamkeit
Angst und Entfremdung
Träume und Hoffnungen

Doch die Großstadtlyrik war nicht nur von negativen Empfindungen geprägt. Manche Menschen sahen in der Großstadt eine Chance auf ein besseres Leben durch den industriellen und technischen Fortschritt. Viele waren voller Hoffnung und träumten von einer guten Arbeit und besseren Perspektiven. Auch diese gefühlvollen Thematiken fanden Anklang in Großstadtgedichten.

Vielleicht ist dir aufgefallen, dass die Motive der Großstadtlyrik denen des Expressionismus stark ähneln. Das ist kein Zufall, da die expressionistischen Gedichte sehr prägend für die Großstadtlyrik im Allgemeinen waren.

Welche Autorinnen und Autoren sind bekannt für die Großstadtlyrik?

Zu den bedeutendsten Verfasserinnen und Verfassern der Großstadtlyrik zählen:

Bei sofatutor findest du Videos, Übungen und Arbeitsblätter zur Großstadtlyrik und zur Analyse bzw. Interpretation von Gedichten.

Transkript Großstadtlyrik

Hey, ich bin’s, Tim. Fast die Hälfte von uns Menschen lebt in Städten und Metropolen, Tendenz steigend. So viele Leute auf so wenig Raum - das musste früher oder später zu Spannungen führen. Spannungen, die z.B. Dichter der Großstadtlyrik beschrieben haben. Woher aber kommt das Phänomen “Stadt”? Welche Probleme führt sie mit sich? Und wie wird die Stadt in der Lyrik dargestellt?? Diesen Fragen widmen wir uns in diesem Video. Was ist also Großstadtlyrik? Der Begriff Großstadtlyrik umfasst Gedichten, in denen es thematisch um das Leben in der Großstadt geht. Gedichte über die Großstadt finden wir allerdings nicht immer und überall. Kein Wunder, denn die Großstadt, wie wir sie kennen, ist ein recht neues Phänomen.

Denn der historische Kontext, in dem Großstädte entstanden, ist gerade mal 200 Jahre alt. Im 19. Jahrhundert stellten nach und nach die Länder in Europa ihre Wirtschaft auf eine andere Produktionsart um. Aus der Erfindung der Dampfmaschine folgte die Industrialisierung und Massenproduktion von Gütern. Die Orte der Fertigung wurden immer größer, die Fabriken zogen immer mehr Menschen an, die in den industriellen Ballungszentren und Hauptstädten Arbeit suchten. In dieser Zeit wuchsen Städte wie London, Paris und New York rapide an. Berlin hatte 1910 bereits zwei Millionen Einwohner, während es hundert Jahre vorher nicht mal 200.000 hatte. Kein Wunder, dass die Infrastruktur, wie Wohnhäuser und Straßen, nicht für solche Massen bereit waren. Die Menschen mussten eng zusammenrücken. Die deutschsprachige Großstadtlyrik entwickelte sich im Naturalismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Der Naturalismus schloss an den Realismus mit seinen genauen, der Natur und den Wissenschaften entnommenen Beschreibungen an. Durch die gesellschaftlichen Umwürfe nahm er jedoch auch das Hässliche mit auf. Präzise konnte der Naturalismus die Verstädterung, das Elend, die Armut, aber auch die Macht der Maschinen wiedergeben. So zum Beispiel drückte Arno Holz, ein naturalistischer Dichter, diesen Wandel am Anfang seines Gedichts “Großstadtmorgen” aus:

Die letzten Sterne flimmerten noch matt, ein Spatz versuchte früh schon seine Kehle, da schritt ich müde durch die Friedrichstadt, bespritzt von ihrem Schmutz bis in die Seele.

Ihren Höhepunkt erlebte die Großstadtlyrik jedoch im Expressionismus. Die Entwicklungen in den Städten wie Massenzuwanderung und Technologisierung führten zu immer mehr Problemen darunter zum Beispiel Massenarmut und Identitätsverlust. Der Mensch fühlte sich nur als Produktionsmaschine der großen Fabriken gebraucht, die gleichmachenden Armenviertel förderten die Entwertung des Menschlichen. Der Erste Weltkrieg mit seinem entsetzlichen Ausmaß an Toten verschärft diese Gefühle. Gegen diese unmoralischen Entwicklungen schrieben die Expressionisten an. Sie bedienten sich dabei einer Sprache, die ihre Gefühle und inneren Vorgänge auf häufig neuartige und kreative Weise ausdrückten. So z.B. Georg Heym in seinem Gedicht “Die Stadt”:

Sehr weit ist diese Nacht. Und Wolkenschein Zerreißet vor des Mondes Untergang. Und tausend Fenster stehn die Nacht entlang Und blinzeln mit den Lidern, rot und klein.

Wie Aderwerk gehn Straßen durch die Stadt, Unzählig Menschen schwemmen aus und ein. Und ewig stumpfer Ton von stumpfem Sein Eintönig kommt heraus in Stille matt.

Gebären, Tod, gewirktes Einerlei, Lallen der Wehen, langer Sterbeschrei, Im blinden Wechsel geht es dumpf vorbei.

Und Schein und Feuer, Fackeln rot und Brand, Die drohn im Weiten mit gezückter Hand Und scheinen hoch von dunkler Wolkenwand.

Die Stadtlyrik hatte aber nicht nur negative Themen wie Ängste, Entfremdung und Anonymität. In erster Linie kamen die Menschen mit Hoffnung und Träumen: auf Arbeit und ein besseres Leben. Auch diese gefühlvollen Thematiken fanden Anklang in der Großstadtlyrik des Expressionismus, wie in Kurt Tucholskys Gedicht “Augen in der Großstadt”:

“Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen, wenn du am Bahnhof stehst mit deinen Sorgen: da zeigt die Stadt dir asphaltglatt im Menschentrichter Millionen Gesichter: Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, die Braue, Pupillen, die Lider - Was war das? vielleicht dein Lebensglück... vorbei, verweht, nie wieder.”

Wer war außer Tucholsky noch beteiligt an der bildgewaltigen Lyrik der Großstadt? Viele Namen, die du vielleicht schon kennst, treffen sich hier: Erich Kästner, Bertolt Brecht und Rainer Maria Rilke vereinen sich mit Georg Heym und nicht zuletzt dem aus Wien stammenden Georg Trakl.

Fassen wir alles Wichtige zur Großstadtlyrik noch einmal zusammen: In der Großstadtlyrik geht es thematisch um das Leben in der Großstadt. Der historische Kontext ist durch die Industrialisierung bestimmt:seit dem 19. Jahrhundert wuchsen die Städte und auch das Elend in den Städten stark an. Diese neuen Entwicklungen verarbeiteten die Epochen des Naturalismus und vor allem des Expressionismus, der die Verwahrlosung des Menschen ausdrückte. Themen waren innerhalb der Großstadtlyrik die Erfahrungen der Menschen - wie Ängste, Entfremdung und Anonymität auf der einen, Träume und Hoffnungen auf der anderen Seite. Berühmte Großstadtlyriker sind z.B. Erich Kästner, Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht, Georg Heym und Georg Trakl. Erkennst du in manchen Beschreibungen Parallelen zur heutigen Welt? Wie ist die Dichtung von heute? Ich sag ciao.

4 Kommentare
4 Kommentare
  1. Hallo Dirk Altgeld,
    danke für das aufmerksame Schauen unserer Videos. Das stimmt, Georg Trakl wurde in Salzburg geboren, wir werden den Fehler zeitnah beheben.
    Viele Grüße aus der Redaktion

    Von Carolin Kasper, vor mehr als 3 Jahren
  2. Georg Trakl stammt aus Salzburg, nicht aus Wien. Bitte besser recherchieren!

    Von Dirk Altgeld, vor mehr als 3 Jahren
  3. Gut nur die Aufgabe war ein bisschen kompliziert

    Von T Viefhaus, vor fast 7 Jahren
  4. Ich finde das ein bisschen kompliziert mit der Aufgabe sonst war es gut

    Von Seferabdija, vor mehr als 8 Jahren

Großstadtlyrik Übung

Du möchtest dein gelerntes Wissen anwenden? Mit den Aufgaben zum Video Großstadtlyrik kannst du es wiederholen und üben.
  • Nenne einige Themen, die die Großstadtlyrik beherrschten.

    Tipps

    Die Menschen kamen mit Hoffnung, wurden jedoch bald von der Realität der Großstadt eingeholt.

    Lösung

    In der Großstadtlyrik tauchen immer wieder bestimmte Thematiken auf:

    • So war die Großstadt ein Quell der Hoffnung für die Massen an Bauernfamilien, die das Land freigesetzt hatte: Hier wollten sie einen Neuanfang wagen und Arbeit finden. Sie träumten von einem besseren Leben.
    • Häufig wurden sie jedoch von der Realität eingeholt, denn die Großstadt war auch zu einem Ort des Elends und der Arbeitslosigkeit geworden. Die Heraustrennung aus dem sozialen Gefüge ihrer vormaligen Heimat brachte sie in die Anonymität der glanzlosen Wohnungen und überfüllten Nachbarschaft.
    • Sie waren konfrontiert mit neuen Verhaltensweisen, Erfindungen und unbestimmten Lebenswegen und machten diese Ängste zum Thema.
    • Die Entfremdung von der natürlichen Produktionsweise auf dem Acker, die Entfremdung, die die Massenproduktion verursachte, bei der das einzelne Ding keinen persönlichen Wert mehr besitzt, verbreitete sich spürbar in der Haltung der Menschen.
    Weitere Themen wie Ziel- und Orientierungslosigkeit, Ungerechtigkeit, Wandel, das Hässliche, Weltuntergangsstimmung waren bei vielen Dichter/-innen wiederkehrende Grundmotive.

  • Beschreibe die wirtschaftlichen Entwicklungen der Großstadt am Ende des 19. Jahrhunderts.

    Tipps

    Die industrielle Revolution veränderte unsere Wirtschaftsweise hin zu Fließbandarbeit und Arbeitsteilung. Damit kamen viele psychische Probleme einher.

    Lösung
    • Die Erfindung der Dampfmaschine war wahrscheinlich an Bedeutung vergleichbar mit der Erfindung des Rades. Durch sie wurde es möglich, Produkte in Fabriken nicht mehr in mühsamer, langsamer Handarbeit, sondern in Fließbandarbeit massenweise herzustellen.
    • Aus der Landwirtschaft wurden durch neue Möglichkeiten des Anbaus die nicht mehr benötigten Bauern und Bäuerinnen in die Städte getrieben. In den industriellen Ballungszentren und Hauptstädten, die durch die Massenmigration anschwollen, fanden sie häufig Arbeit.
    • Trotz des vergrößerten Arbeitsangebots gab es jedoch viel Arbeitslosigkeit. Außerdem war die Infrastruktur wie Kanalisation, Verkehrsbetrieb, Straßen, Wohnraum etc. in den Städten wenig auf die anstürmenden Massen vorbereitet. Das hatte Elendsviertel, Massenarmut, Anonymität, Bedeutungslosigkeit und Pauperisierung zur Folge.
    • Die neuen Arbeitsbedingungen trugen ihrerseits nicht zum Wohle der Menschen bei: Endlose Schichten in monotoner Fließbandarbeit, der Akkordzwang der Maschinen, dem sich der einfache Arbeiter unterordnen musste, die Ersetzung der menschlichen Arbeitskraft durch maschinelle überhaupt - all dies führte zu Identitätsverlust und zu einer Krise des Menschlichen. Daraufhin bauten sich politische Spannungen in Europa auf, die sich im Ersten Weltkrieg entluden. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts herrschte so etwas wie Weltuntergangsstimmung.
  • Stelle Expressionismus und Naturalismus einander gegenüber.

    Tipps

    Die Naturalist/-innen wollten die Wirklichkeit abbilden, wie sie ist; die Expressionist/-innen wollten eher ihre innere Welt ausdrücken.

    Lösung

    Naturalismus und Expressionismus kann man als gegensätzliche Bewegungen verstehen.

    Der Naturalismus hatte als Ziel, die sinnlich wahrnehmbare Wirklichkeit möglichst detailgetreu abzubilden. Er strebte größtmögliche Objektivität an. Dafür benutzte er präzise, sachliche Sprache, häufig auch in Mundart und Dialekt, und genaue Beschreibungen von Umwelt, Umgebung, Landschaft, Räumen, Personen und Vorgängen. Auf der Wissenschaft basierend stützte er Erzählungen auf Fakten und präsentierte damit eine Kritik an den Ungleichgewichten, die die Industrialisierung zuungunsten der Unterschicht und arbeitenden Bevölkerung geschaffen hatte.

    Der Expressionismus hingegen verneinte, dass eine derartige Objektivität erreicht werden könne: Durch die Entdeckung des Unbewussten, die den bis dahin als rational geltenden Wissenschaftsmenschen in Frage stellte, zog man sich auf das einzig Erfahrbare zurück, das übrig blieb: innere Vorgänge, Gefühle, Psyche, Subjektivität. Dafür gebrauchte man eine kreative, metaphorische, lyrische Sprache. Außerdem wollte man sich dem Zwang von konservativen Denkmustern, Normen, Traditionen und Moralvorstellungen entziehen und brach diese Tabus mit Themen wie Geisteskrankheit, Morbidem, Tod, Zerfall, Ich-Auflösung etc.

  • Bestimme, ob es sich um ein naturalistisches oder expressionistisches Gedicht handelt.

    Tipps

    Achte auf die sprachlichen Mittel: Werden viele Metaphern und lyrische Sprache verwendet wie im Expressionismus? Oder wird eher detailgetreu und sachlich beschrieben wie beim Naturalismus? Werden Gefühle ausgedrückt oder eher Beobachtungen beschrieben?

    Lösung

    Die Vertreter/-innen des Expressionismus und des Naturalismus legten ihren Akzent auf sehr unterschiedliche Ausdrucksformen. Während die Naturalist/-innen eher auf präzise, detailgetreue Beobachtungen und Beschreibungen von äußeren Vorgängen Wert legten und dafür eher sachliche, nüchterne Sprache verwendeten, wollten die Expressionist/-innen innere Vorgänge, Gefühle, Unbewusstes und Psychologisches ausdrücken und brauchten dafür eine möglichst freie, metaphorische und lyrische Sprache.

    Das kann man an den obigen Stadtgedichten recht gut nachvollziehen. Das dritte Gedicht stammt aus Arno Holz' Gedichtband Phantasus (1898), beinahe das einzige bedeutende naturalistische Gedichtwerk in deutscher Sprache. Er nennt in seinem Gedicht Details wie Buchtitel, die Umgebung, einzelne Beobachtungen wie den Rauch, die Schornsteine, den Garten, die Hennen, nennt weiterhin Einzelnamen wie Mohdricker. Innere Vorgänge werden nicht beschrieben, sondern können nur erahnt werden.

    Ganz anders die Expressionist/-innen der anderen beiden Gedichte. Ersteres heißt Gewitterabend (1913) stammt von Georg Trakl, das zweite heißt Dämmerung in der Stadt (1911) und stammt von Ernst Stadler, das vierte Gedicht heißt der Gott der Stadt (1910) von Georg Heym. Alle drei verwenden viele Metaphern und Personifikationen wie die schwimmende Nacht, die Winde lagern schwarz oder der Nacht Gefieder schwirrt. Alle drei Gedichte sind sehr lautmalerisch und bilderreich.

  • Vervollständige die Namen einiger Dichter, die viel über die Großstadt schrieben.

    Tipps

    Die zwei Georgs waren Vorreiter der Expressionist/-innen, der Dichter Holz ein Vertreter des Naturalismus. Kästner, Brecht und Tucholsky lassen sich eher der Literatur der Weimarer Republik und der Neuen Sachlichkeit zuordnen.

    Lösung

    Die hier vorgestellten Dichter schrieben nicht nur Lyrik: Sie waren Dramatiker, Novellisten, Romanautoren, Rezensenten, Journalisten, Philosophen und Essayisten. Sie lebten und wirkten um 1900 herum: Arno Holz als ein Vertreter der Naturalismus; Rainer Maria Rilke ein Impressionist oder Symbolist; Georg Heym und Georg Trakl Expressionisten; Erich Kästner, Bertolt Brecht und Kurt Tucholsky eher Nachfolger der Naturalisten, Begründer der Neuen Sachlichkeit und Schriftsteller der Weimarer Republik.

    Die Großstadt als Thema ihrer Lyrik vereinte sie aber trotz ihrer unterschiedlichen Stile und Ansichten über Jahrzehnte hinweg.

  • Interpretiere das folgende Gedicht.

    Tipps

    Das lyrische Ich kritisiert die Maßlosigkeit und das kurzfristige Denken in Städten.

    Lösung

    Das Gedicht „Die Städte aber wollen nur das Ihre“ von Rilke ist ein sehr kritisches Gedicht über die Großstadt. Das lyrische Ich kritisiert hier, wie Städte ein Eigenleben (reißen alles in ihren Lauf) führen: Sie wachsen und saugen auf ohne Rücksicht auf anderes; sie achten tierisches Leben nicht (man denke an die städtischen Schlachthöfe); die Bewohner/-innen werden maßlos (Gleichgewicht und Maß), haben immer neue Bedürfnisse; der Fortschritt wird kritisiert: Nicht nur als zu langsam, sondern auch in Bezug auf die Art des Fortschritts, indem er nämlich klebrige, schleimige und verdreckte Spuren (Schneckenspuren) hinterlässt: Lärm, Gestank, Abfall, moralische Verwerflichkeit (Metall, Glas, Huren).

    Das lyrische Ich kritisiert das unheimliche Verlangen nach Geld (alle Kräfte), eine Illusion (Trug), der sie sich hingeben; eine Sucht, die den Menschen über den Kopf wächst (Ostwind) und sie nach kurzer Freude und schneller Belustigung (vergänglichem Geschäfte) streben lässt.